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Prêt-à-porterAus Liebe zu Dean Martin

■ Romeo Gigli, der Romantiker unter den Couturiers, setzt auf Reeperbahn-Look

O je, was hier alles fehlt: Comme des Garçons, Vivienne Westwood, John Galliano und Jean-Paul Gaultier. Aber kommt noch. Nicht alle haben Einladungen zu ihren Schauen geschickt. Das liegt unter anderem daran, daß die Saalmieten hier furchtbar teuer sind und die am heißesten gehandelten Designer – die aber nicht unbedingt finanziell die erfolgreichsten sind – kleinere Säle als sonst gebucht haben. Gaultier mußte leider, wie seine Pressesprecherin beklagte, in einen Raum ausweichen, der nur 600 Personen faßt. Dabei könnte er vermutlich locker ein Fußballstadion füllen.

International Herald Tribune hat am Wochenende ausgerechnet, was so ein Auftritt in Paris kostet. Wenn ich hier mal kurz zusammenfassen darf: Die Mieten im Carrousel du Louvre, wo 41 Designer ihre Kollektionen vorstellen, belaufen sich auf 20.000 bis 50.000 Dollar. Das beinhaltet noch nicht die Kosten für die Models, für Blumen, Einladungen und die Herstellung der Kollektion. Top-Designer kostet ihre Show zirka 500.000 Dollar. Das muß man erst mal einfahren. Trotzdem umfaßt das Angebot für diese zehn Tage insgesamt 100 Vorführungen.

Die Externen müssen außerdem noch Geld ausgeben für extra Räume – etwa 7.000 bis 10.000 Dollar Miete die Woche –, wo den Unglücklichen, die keine Einladung bekommen haben, das Video vorgeführt wird und die Kollektion zum Angucken hängt. Da kann man dann wenigstens mal dicht ran.

Der heutige Tag war überraschend ergiebig. Zunächst zeigte Emmanuel Ungaro, sonst eher dafür bekannt, weibliche Formen mit Draperien und Geblümtem sanft zu betonen, einige reizvolle hellgraue Schneiderkostüme und -anzüge, die sehr schmal geschnitten waren, so daß sie fast wie Pagenkostüme daherkamen. Diese Linie wurde noch durch Westen betont, die wie im 18. Jahrhundert hoch geschlossen und sehr eng waren und so die Länge des Oberkörpers betonten. Weiter gab es enge Hosen aus falschem Kroko, bedruckte Brokat-, Chiffon- und Seidenstoffe in hellen Farben und zum Schluß kurze Petticoatkleider mit Überröcken aus Seide in Rosa und Türkis. Dazu kleine Bolerojacken aus Samt. Es war eine sehr heitere Vorstellung.

Und dann kam Romeo Gigli. Der Mann ist ein Romantiker, der Samtstoffe, abfallende Schultern und zarte Elfen liebt. Und jetzt das: Gigli hat den Dean Martin in sich entdeckt! Die Elfen sind perdu, statt dessen schlenderten ein paar scharf rasierte Falschspieler in viel zu grellen Brokatwesten über den Laufsteg. Die Hosen hatten Nadelstreifen und Bügelfalten. Dafür spannten sie um die Oberschenkel und liefen unten in einem leichten Schlag aus, gerade genug, um sie schön geschmacklos aussehen zu lassen.

Dazu gemusterte Hemden, die weit aufgeknöpft waren, große Kragen hatten und riesige Manschetten, die dandyhaft aus den Jackenärmeln hervorsprangen und mit knalligen Glasmanschettenknöpfen aus dem Kaugummiautomaten bestückt waren. Darüber strahlend rote oder blaue enge Westen und scharf geschnittene Jacketts mit zwei Schlitzen hinten. Es war einfach wundervoll! Als hätten sich ein paar großstädtische Pokerfaces aus einem John-Ford-Western auf der Reeperbahn eingekleidet. Auch die Kleider waren durchweg zu bunt und zu eng um den Hintern, dessen Hinundherschwingen beim Gehen noch durch wippende Volants am Saum betont wurde. Wär's nach mir gegangen, hätte der Saal getobt, aber es gab nur sehr verhaltenen Beifall. Zu viel guter altmodischer Sex. Anja Seeliger

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