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Prozeß um Giftgas-Fabrik

■ Angeklagter räumt illegale Lieferung deutscher Chemieanlagen in den Irak ein

Darmstadt (AP) – Vor dem Landgericht Darmstadt hat am Montag ein neuer Prozeß um die angeblich illegale Lieferung deutscher Chemieanlagen und Werkzeugmaschinen an Irak begonnen. Staatsanwalt Erick Manges warf den Angeklagten Otto Holzer, Otto Krauskopf und Peter Leifer vor, in den 80er Jahren gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. So seien zwischen 1986 und 1988 zwei Chemieanlagen im Wert von rund zehn Millionen Mark ungenehmigt exportiert worden, die zur Herstellung von Senfgas und phosphororganischen Verbindungen geeignet gewesen seien.

Der Staatsanwalt warf den beschuldigten Managern der Hamburger Firma WET zudem die Lieferung einer Verschraubungsanlage zur Herstellung von 122-Millimeter-Raketen sowie speziell beschichteter Dichtungen vor. Das Verfahren gegen den vierten Angeklagten Nazar Al Kahdi wurde aus Gesundheitsgründen vorläufig eingestellt. Die Gutachter Wolfgang Swodenk und Helmut Hoffmann bestätigten am Montag, daß die fraglichen Chemieanlagen für die Produktion von Kampfgas geeignet seien. Allerdings sei geeignet ein sehr weiter Begriff, erläuterte Swodenk: „Jede Küche ist geeignet zur Herstellung von Giftgas.“

Der Angeklagte Krauskopf räumte vor Gericht die Lieferung der genannten Anlagen und Maschinen ein. Spätestens nach einer Prüfung der WET durch die Zollfahndung 1986 sei man sich auch in der Firma über die Rechtslage im klaren gewesen. Wenn WET dennoch bis 1988 weiter geliefert habe, so nur auf massiven Druck Iraks. „Wir hatten schlicht Angst um unser Leben.“

Die Angeklagten stehen bereits zum dritten Mal in Darmstadt vor Gericht. Das erste Irak-Giftgas- Verfahren mit ursprünglich zehn Angeklagten war 1993 nach dem Ausfall beider Hauptgutachter geplatzt. Der zweite Anlauf endete Anfang 1994 mit Freisprüchen für drei leitende Angestellte der Firma Karl Kolb aus Dreieich.

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