Prozess gegen Menschenrechtler in Vietnam: Aktivisten droht Todesstrafe
Das kommunistische Regime in Vietnam sollen sie stürzen haben wollen: Vier Menschenrechts-Aktivisten wurden jetzt angeklagt. In Schriften sollen sie "die Wirklichkeit verdreht" haben. Dreien droht die Todesstrafe.
HO-CHI-MINH-STADT afp | Wegen des Vorwurfs des Umsturzversuchs wird vier Menschenrechtsaktivisten in Vietnam seit Mittwoch der Prozess gemacht. Drei der Angeklagten, dem Menschenrechtsanwalt Le Cong Dinh, dem Ingenieur Nguyen Tien Trung und dem Internetunternehmer Tran Huynh Duy Thuc, droht die Todesstrafe.
Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft des Gerichts in Ho-Chi-Minh-Stadt vor, einen Umsturz der kommunistischen Führung des Landes versucht zu haben. Dem vierten Angeklagten, dem 42-jährigen Le Thang Long, wird Komplizenschaft zur Last gelegt. Darauf stehen in Vietnam bis zu 15 Jahre Haft.
Die Festnahme der vier Menschenrechtsaktivisten hatte für heftige Proteste der USA, der Europäischen Union und von Menschenrechtsorganisationen gesorgt. Dinh und Trung, der in Frankreich ausgebildet wurde, sagten vor Gericht aus, sie hätten gegen das Gesetz verstoßen. Thuc erklärte dagegen, er habe sich keines Gesetzesbruchs schuldig gemacht. Er habe die Menschen vor Problemen wie der Korruption warnen wollen. Nach eigener Aussage unterschrieb er ein Geständnis, wonach er ein Mehrparteiensystem gefordert habe.
Der lediglich auf zwei Tage angesetzte Prozess wurde unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen eröffnet. Westliche Diplomaten und Journalisten durften das Verfahren im Gericht nur auf einem Fernsehbildschirm im Nebenraum verfolgen. Der US-Generalkonsul in Vietnam, Kenneth Fairfax, forderte am Mittwoch die sofortige Freilassung der Angeklagten. Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen rief das Gericht auf, sie freizusprechen.
Die Menschenrechtsaktivisten sollen laut Anklage versucht haben, mit "reaktionären Kräften im Exil" einen "gewaltfreien" Umsturz der vietnamesischen Regierung herbeizuführen. In dutzenden Schriften sollen sie "die Wirklichkeit verdreht" haben, um die Führung zu diskreditieren. Den Angeklagten war zunächst Propaganda vorgeworfen worden; ein Vorwurf, der nach dem Strafgesetz des Landes weniger schwer wiegt als der Vorwurf des Umsturzversuchs.
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