Proteste geplant: Eisfabrik: Räumung steht bevor
Laut Gericht muss die Hauseigentümerin das Gebäude räumen lassen. Der Bezirk soll aber Notunterkünfte für die Bewohner stellen.
Für die Bewohner der ehemaligen Eisfabrik in der Köpenicker Straße wird es eng: Das Verwaltungsgericht hat den Gebäudeeigentümer, die Telamon GmbH, mit Beschluss vom 20. Dezember zur Räumung verpflichtet. Seit Heiligabend informieren Schilder die dort Campierenden, sie müssten das Gelände bis zum 27. 12. um 9 Uhr verlassen. Bereits ab 8 Uhr ruft das Bündnis gegen Zwangsräumung zum Protest vor der Eisfabrik auf. „Wir wollen den Druck auf den Bezirk erhöhen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, so Bündnis-Sprecherin Sarah Walter.
Seit etwa einem Jahr leben bis zu 50 Wohnungslose unter prekären Bedingungen in der Ruine. Die meisten von ihnen sind Bulgaren, die mit Altstoffsammeln und Minijobs Geld verdienen. Ihnen droht nun die Straße.
Bereits Ende Oktober hatte das Bezirksamt Mitte eine bauordnungsrechtliche Sicherungsanordnung verhängt – die baulichen und hygienischen Verhältnisse seien eine Gefahr für Leib und Leben. Die Eigentümerin müsse alle Zugänge vermauern.
Die Telamon GmbH stellte daraufhin beim Verwaltungsgericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz: Die Anordnung sei rechtswidrig, denn das Ziel, Gefahren für Leib und Leben abzuwenden, lasse sich dadurch für diejenigen, die bereits im Gebäude wohnten, nicht erreichen. „Bevor wir sichern, muss man das Gebäude freimachen“, erklärte Telamon-Geschäftsführer Thomas Durchlaub. Vorher müsse aber der Bezirk eine Notunterkunft stellen.
Letzteres wurde daraufhin zum Zankapfel: Ihm seien die Hände gebunden, behauptete Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD). Weil die Bulgaren keinen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, könne ihnen die öffentliche Hand auch keine Notunterkunft bieten. Als „Dank“ für die frostige Behandlung demonstrierten einige Bulgaren am 19. 12. im Rathaus Mitte und überreichten Hanke einen zum Herz geformten Eisklumpen. Der sagte Gespräche zu – im Januar.
Nun hat das Gericht entschieden, dass Telamon ohne weiteren Aufschub sichern und räumen lassen muss. Dazu könne polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Andererseits könne der Bezirk nicht geltend machen, dass er „keine Handhabe hätte, die Personen anderweitig unterbringen zu können“. Der Anspruch auf Notunterbringung sei unabhängig vom Bezug von Sozialleistungen.
Eine Polizeisprecherin teilte am Donnerstag auf Anfrage mit, es liege derzeit kein Antrag auf Amtshilfe vor.
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