piwik no script img

Proteste gegen Ehrung Gorbis

Stockholm/Moskau (dpa/taz) — Im Gratulationschor für den Nobelpreis-geehrten Gorbatschow waren auch einige Disharmonien zu hören. Der lettische Historiker Jan Salzmannis erklärte in Stockholm gegenüber der taz, die Verleihung des Preises an Gorbatschow sei eine Katastrophe und eine kapitale Dummheit des Preis-Komitees. Man beurteile Gorbatschow falsch, wenn man nicht auch den Imperialisten in ihm sehe, der das Selbstbestimmungsrecht der Völker in der bisherigen Sowjetunion bekämpfe. Der „freien Welt“ werde es jetzt noch schwerer fallen, den Kampf der baltischen Staaten um Unabhängigkeit zu verstehen. Die angeblich so konsequente Abrüstungspolitik Gorbatschows sei nichts anderem zu verdanken, als daß „aus dem aufgeblähten Ballon namens Sowjetunion die Luft entwichen ist“.

„In ganz Armenien wird ihnen niemand etwas gutes zu diesem Ereignis sagen“ erklärte Eduard Schahnasarjan von der armenischen Nachrichtenagentur 'Armenpress‘ der 'dpa‘. Er begrüße zwar, daß Gorbatschow international den Frieden sicherer gemacht habe, aber den Armeniern habe er keinen Frieden gebracht. Fast jeden Tag gebe es Überfälle aserbaidschanischer bewaffneter Gruppen auf armenische Dörfer. Auch die Menschen im Erdbebengebiet, die nun den dritten Winter in Zelten zubringen müßten, könnten den Namen Gorbatschow nicht mehr hören. Am heutigen Mittwoch soll es in Eriwan eine Protestdemonstration gegen die Verleihung des Nobelpreises an Gorbatschow geben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen