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Archiv-Artikel

■ Protestantische und katholische Kirchenleitungen einig beim Ausgrenzen Einladen. Nie ausschließen

betr.: „Kirchen zu Moscheen? Niemals“, taz vom 16. 7. 03

Christof Vetter, Sprecher der Evangelischen Kirche Deutschlands, irrt sich gewaltig, wenn er meint, wie in Ihrem Artikel zitiert: „Wir können nicht einfach so sagen, dass Allah derselbe ist wie der Gott, an den wir glauben.“ Doch, man kann es sagen. Man muss es sogar sagen.

Welches Wort, zum Beispiel, benutzen arabische Christen, wenn sie zu Gott beten? Haben sie etwa ein anderes Wort für Gott als arabische Muslime? Nein. […]. Die Ausgrenzung der Muslime findet auch in den Medien statt, wenn, wie so oft, berichtet wird, die Muslime beten zu „Allah“ statt zu „Gott“. Muslime beten zu Gott wie jeder andere Gläubige einer westlichen Religion. Das arabische Wort für Gott heißt nun mal „Allah“, egal in welcher Religion. Glauben die Franzosen an was anderes als wir, nur weil sie „Dieu“ sagen? „Mein Gott!“, könnte ich jetzt vor Aufregung schimpfen, oder auf Türkisch „Allahalah!“. Wer kann um Himmels willen garantieren, dass Christof Vetter und ich denselben Begriff von Gott meinen, wenn wir beide „Gott“ sagen?

PETER SCHWANINGER, Oberursel

Ein Wort aus dem Koran (Sure 21, 93f) möchten wir dem entgegenstellen: „Diese eure Gemeinde ist die einige Gemeinde; und ich bin euer (Herr), darum dienet mir. Sie aber sind untereinander zerbrochen; alle werden sie zu Uns zurückkehren.“ Zuvor wird im Koran über die Grundlagen des gemeinsamen Bekenntnisses mit Juden und Christen, den gemeinsamen Glauben an den einen Gott, an die Linie, welche von Abraham bis Jesus sich hinzieht, resümiert. Zutiefst wird die Spaltung der Religionen bedauert, aber letztlich ist das Heil offen: Allen wird verheißen, zu „Uns“, als plural maiestatis zum gemeinsamen Gotteslob, zurückzukehren.

Noch mehr wird die Aussage der evangelischen Landeskirche von Westfalen in heutiger Zeit fragwürdig, in einer Zeit, in der endlich Religionen und Hoffnungen zusammenwachsen können, aus gegenseitiger Befruchtung lernen und – als Religionen des Friedens – eben diesen Frieden und gegenseitige Toleranz befördern sollten. […] Offenbar mangelt es der Westfälischen Landeskirche und explizit der Sprecherin Caroline Peter an theologischem Hintergrundwissen.

Und auch an historischem Wissen mangelt es. Die gemeinsamen Wurzeln sind bereits benannt worden. Aber es gibt noch mehr. In Spaniens Alhambra etwa lebten jahrundertelang Christen und Juden unter muslimischer Herrschaft, in Frieden und gegenseitigem Segen und Toleranz. Zwangsbekehrungen kamen nicht in Frage. Die Muslime übersetzten Aristoteles und mannigfaltige weitere Griechen, von denen die mittelalterlichen Theologen und Philosophen zehrten. Als wir Christen die Alhambra zurückeroberten, machten wir die Sarazenen und die Moscheen platt. Gerade heute ist das denkwürdig. Denn nach vielen Jahrhunderten Unterdrückung wurde dieser Tage die neue Moschee in Granada wieder eingeweiht. Und wir als Christen freuen uns gemeinsam mit den Muslimen darüber!

Ein Drittes: Die Aussage der Westfälischen Landeskirche geht an der Wirklichkeit vorbei. Wo denn ein schlechtes Verhältnis zueinander herrscht, ist es freilich bedrohlich und schürt Überfremdungsängste. Dort wird es aber wohl auch nicht in Frage kommen, ein Gotteshaus gemeinsam zu nutzen oder etwa zu veräußern. Wo denn aber eine offene herzliche Freundschaft, da ist gemeinsame Feier, gemeinsames Gebet und gemeinsame Feier des Abendmahls, einladend, nie ausschließend.

Viertens: Ich ärgere mich persönlich als katholischer Theologe und evangelischer Christ über den Schwachsinn, den die Westfälische Landeskirche hier verbreitet. Ich habe unter Muslimen, ebenso wie unter jüdischen Gläubigen übrigens, enge Freunde und viele Vertraute. Sie derart unsinnig und überflüssig zu brüskieren, steht uns wahrlich nicht gut und nicht an!

OTTO J. BERTELE, Dipl.-Theol.Univ., München