Protest gegen Stilllegung der Linie 68: Menschenkette für eine Tram
Die Straßenbahnlinie 68 durch Köpenick gilt als die schönste Strecke Berlins. Nun droht die Stilllegung. Anwohner wollen am Samstag protestieren.
Grün, ganz viel Grün. Es gibt wohl keine Straßenbahnlinie in Berlin, die so viel Natur bietet. Erst ruckelt die Tram durch einen dichten Kiefernwald, später fährt sie entlang des Langen Sees Richtung Grünau. Seit 99 Jahren ist die sogenannte Uferbahn zwischen Alt-Schmöckwitz und dem S-Bahnhof Köpenick unterwegs. Doch ausgerechnet zum 100. Jubiläum wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die Strecke stilllegen - zumindest den schönsten Abschnitt davon - und durch einen Bus ersetzen.
Denn die Tram 68 tuckert nicht absichtlich so langsam durch Berlins Südosten: Rund 18 Millionen Euro würde die dringend notwendige Generalsanierung kosten. Teuer ist sie vor allem, weil die Strecke durch das Wasserschutzgebiet Friedrichshagen führt. Um das Grundwasser vor Öl und Hydraulikrückständen zu schützen, hat die Senatsverwaltung für Umwelt die BVG zum Bau eines Betontrogs verpflichtet und dafür auch 9,8 Millionen Euro aus freigewordenen S-Bahn-Mitteln zugesagt. Das restliche Geld muss von der BVG selbst kommen, darüber entscheidet der Aufsichtsrat des landeseigenen Unternehmens. Die Abstimmung hat man dort jedoch bereits mehrfach vertagt. Der BVG reicht der Zuschuss vom Land nicht, sagt ihre Sprecherin Petra Reetz. "Der Senat muss entscheiden. Man kann schließlich nicht nur die halbe Strecke sanieren", sagt Reetz.
Das Problem ist nicht neu: Bereits 2006 hatte die BVG aufgrund der geringen Fahrgastzahlen - etwa 1.000 Kunden werden täglich gezählt - die Einstellung des südlichen Teils zwischen Alt-Schmöckwitz und Grünau erwogen. Nach Anwohnerprotesten entschied sich das Unternehmen für eine notdürftige Reparatur. Das reicht nun nicht mehr: Jetzt ist die teure Generalsanierung notwendig.
Die Anwohner von Alt-Schmöckwitz und Umgebung möchten auf die Uferbahn nicht verzichten. "Sie liegt uns am Herzen", sagt Peer Hauschild. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft "Pro Uferbahn", die für den morgigen Samstag eine Menschenkette organisiert hat. Motto: "Die Uferbahn muss weiter fahrn!" Rund 5.000 Menschen sind nötig, um eine geschlossene Reihe zu bilden.
SchülerInnen der umliegenden Schulen wollen sich an der Menschenkette mit selbstgebastelten Transparenten und Wimpelketten beteiligen. Ihre Unterstützung angekündigt haben auch mehrere Wassersportvereine, deren Clubhäuser am Ufer mit der Bahn zu erreichen sind. Und schließlich setzt sich auch der Umweltverband BUND für den Erhalt der Tramlinie 68 ein. Schließlich sei diese umweltfreundlicher als der alternativ geplante Bus, erklärt Martin Schlegel vom BUND.
"Alle Menschen, die sich jetzt aufregen, sollen doch häufiger mit der Bahn fahren", sagt BVG-Sprecherin Reetz. "Die Linie 68 ist nicht wirtschaftlich", betont sie.
Immerhin 13 Fahrgäste nutzten an diesem Dienstagmorgen die 68, um von Alt-Schmöckwitz nach Grünau zu kommen. Unter ihnen die 30-jährige Referendarin der ortsansässigen Insel-Grundschule, Anne Piontek. "Der Erhalt der Uferbahn ist wichtig. Vor allem wegen der Schüler", sagt sie. Ein Bus sei nicht so zuverlässig. Und der 83-jährige Uwe-Jens Heuer, der die Tram fast täglich nutzt, pflichtet ihr bei: "Die Fahrt mit der Straßenbahn ist erholsam. Das kann der Bus nicht ersetzen."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!