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Protest gegen Schießplatz

■ HagenowerInnen wehren sich gegen „neuerlichen Kanonendonner“

Hagenow. Eine junge Linde wurde am Himmelfahrtstag mitten auf dem Lübtheener Bundeswehrschießplatz gepflanzt. Mit dieser symbolischen Geste im Anschluß an einen Sternmarsch demonstrierten BürgerInnen der umliegenden Ortschaften gegen die Wiederaufnahme von Übungen mit scharfer Munition in ihrer unmittelbaren Wohnnähe. Hier in der „Griesen Gegend“ der Landkreise Hagenow und Ludwigslust, wo sich einst die armen Leute nur graues Sackleinen zum Kleiden leisten konnten, steht es heute wieder schlecht um die Wirtschaft. 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung sind bereits ohne Arbeit. Die wenigen Industriebetriebe und die Landwirtschaft liegen am Boden, der noch dazu sandig, trocken und ertragsarm ist. „Sanfter Tourismus in einzigartiger Natur“ ist das Zauberwort, das sich die Interessengemeinschaft „Griese Gegend“ auf die Fahnen geschrieben hat. Der gleichnamige Förderverein, Grüne, Jagdleute, Wald- und UmweltschützerInnen und nicht zuletzt auch Lübtheens Bürgermeister Karl-Ludwig Beilfuß (FDP) setzen sich im Verein dafür ein, daß kein neuerlicher „Kanonendonner“ die touristischen Pläne und somit die Zukunftschanchen für ihr schönes Fleckchen Mecklenburger Erde zerstört.

Seit Jahr und Tag klagen die BewohnerInnen der „Griesen Gegend“ über Lärm- und Schmutzbelästigungen durch die militärische Nutzung des 7.000 Hektar großen Waldgebietes. „Hinzu kommt“, so Lübtheens Bürgermeister, „daß Mecklenburg- Vorpommern ohnehin schon an die 15 Prozent der Wälder ans Militär abtreten muß, in der alten Bundesrepublik beträgt der Durchschnitt nur knapp zwei Prozent.“

„Es liegt nicht in meiner Entscheidungsgewalt, was mit dem Truppenübungsplatz geschieht“, betont Kommandeur Hauptmann Rainer Wäscher. „Ich habe ja auch nichts gegen Touristen, doch müssen sie sich eben den gegebenen Bedingungen anpassen.“ Zum Vorwurf des umweltschädlichen Quecksilbergehaltes der verwendeten großkalibrigen Munition meint er, daß dieses Element höchstens in unbedenklichem Maße enthalten sei. Hauptmann Wäscher kritisierte am Anliegen der Bürgerschaft, daß deren Sternmarsch durchs Bundeswehrobjekt ohne vorherige Absprache mit ihm und unter Verletzung von Sicherheitsbestimmungen erfolgte. Statt dessen habe man ihn in „provokanter Weise“ aufgefordert, an der Demonstration teilzunehmen. adn

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