piwik no script img

Protest gegen AlltagsrassismusKehraus in Behörden

Am Tag gegen Rassismus wollen MigrantInnen Ämter symbolisch von Diskriminierung säubern.

Hier wird gekehrt. Bild: dpa

Man merkt den Männern auf dem Podium an, dass sie persönlich erschüttert sind. Die Enthüllungen über das Versagen der Ermittler bei der NSU-Mordserie haben das Vertrauen ebenso zerstört wie die Morde selbst. „Das geht doch nicht, dass Menschen auf offener Straße erschossen werden“, sagt Riza Baran, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde, pensionierter Lehrer, seit fast 50 Jahren in Deutschland. „Wir sind doch längst zu einer Gesellschaft zusammengewachsen.“

Doch die zahllosen Verschleppungen und Fehler, die die Behörden angesichts der NSU-Morde begingen, hätten bei vielen MigrantInnen großes Misstrauen erzeugt. „Das spaltet und schadet der Gesellschaft“, so Baran. Zum zweiten Mal rufen deshalb die Kurdische Gemeinde, der Türkische Bund Berlin (TBB) und die Dersim-Kulturgemeinde mit vielen anderen Organisationen anlässlich des Internationalen Tags gegen Rassismus am 21. März zur „Aktion 5 vor 12“ auf.

Geplant sind Aktionen wie etwa „Kehr aus“: Mit Besen wollen AktivistInnen am Donnerstag symbolisch den Rassismus aus Behörden und Verwaltungen fegen. „Wir wollen damit zeigen, welches Ausmaß Rassismus und Diskriminierung in Deutschland haben“, sagt TBB-Vorstandssprecher Hilmi Kaya Turan: „Auch in solchen Institutionen.“

Spontan agieren

An Orten wie dem Kottbusser Tor, dem Leopoldplatz oder dem Rathaus Schöneberg sind weitere Aktionen geplant. Doch die Veranstalter, zu denen auch der Lesben- und Schwulenverband und die Evangelische Jugend gehören, rufen auch dazu auf, spontan zu agieren: „Die Leute sollen da, wo sie am Donnerstag um fünf vor zwölf gerade sind, etwas machen“, sagt Turan: „Hupen oder Luftballons steigen lassen zum Beispiel.“ 2012 startete der TBB die Aktionen zum ersten Mal. „Die Beteiligung damals hat unsere Erwartungen weit übertroffen“, sagt Turan. Dieses Jahr habe es schon Anfragen nach einer Wiederholung gegeben, bevor die Planungen überhaupt begonnen hatten – „auch aus einigen Bezirksämtern“, so Turan. Das Bewusstsein, dass sich etwas ändern müsse, sei offenbar da.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • U
    Unterstützer

    Herzlichen Glückwunsch zu der Aktion! Ich werde mich beteiligen, so wie sonst im Alltag auch :) Da wo ich bin tun was gerade gut geht. Zum Beispiel bei Rassismus den Mund aufmachen, Vorfälle öffentlich machen. Oder auch rechtsextreme Straftaten im Kiez bei der Polizei anzeigen, so werden die Täter polizeibekannt. Erstaunt bin ich das hier bisher unkommentiert für ein Projekt und Buch von "Junge Freiheit" Autoren geworben wird - glaubt ihr, dass ihr hier mit eurer Propaganda jemanden erreicht? Danke an alle anderen, die sich direkt gegen Neonazis hier im Kiez wehren ;)

  • D
    dobermann

    @ Neumi

     

    und was ist mit schwulen kurden und schwulen türken? ist der lsdv nur für weiße, mittelschfftsdeutsche verantwortlich?

     

    @ Realsatire

     

    ach ja und wo ist dann die türkische untergrundarmee, die blonde, weiße deutsche killt, weil sie blond, weiß und deutsch sind?

     

    rassismus gibt es überall. vor allem sind araber, kurden und türken erst einmal unter einander oft krass rassistisch. deine blonde-opfer-story, alleine, nachts im finsteren neukölln, kannste bei woanders erzählen.

  • N
    Neumi

    Wo sind die Kurdische Gemeinde, der Türkische Bund Berlin (TBB) und die Dersim-Kulturgemeinde bei Übergriffen Ihrer Landsleute auf Schwule und Lesben? da schreien Sie nicht auf!!! Erst mal an die eigene Nase fassen.Das der LSDV da so unreflecktiert mitmacht ist erschreckend!

  • R
    Realsatire

    Für die meisten Deutschen ist das wie ein schlechter Witz. Als europäische Frau reicht eine U-Bahnfahrt abends durch Neukölln um zu wissen wo der Rassismus ist. Schickt mal euren 16jährigen blonden Sohn abends mal eine Woche über die Sonnenallee. Besser nicht,ne? Die "Migranten"-Verbände wie man Verbände der Türken, Kurden und Araber nennt können mit dem Kehren also direkt vor der Haustür anfangen. Falls euch genaue ortsangaben fehlen hier eine Karte mit einem kleinen Teil der besonders geeigneten Orte: http://www.deutscheopfer.de/