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Prost Zeltinger

■ Der dicke Schwule aus Köln wird zum Kaspar

Der jetzt also auch: Bisher waren Zeltinger-Konzerte immer ein Geheimtip für knallharten Rock'n'Roll, jetzt macht der nur noch diesen Metall-Mist. Im Mai

zelt auf der Bürgerweide präsentierte die Kölner Band um Jürgen Zeltinger Heavy für Menschen ab 2,0 Promille in einer Tonqualität, die die Friedhofsruhe von Delmenhorst empfindlich gestört haben dürfte.

Gnadenlose Geschichten aus dem Zuhälter-, Trinker-und Spielermilieu erzählte der dicke Kölner einst in seiner schmuddeligen Art, die von einem fast aggressiven Bekenntnis zur Homosexualität gekennzeichnet war („Beim nächsten Stück bitte isch um absolute Ruhe. Von mir aus könnt ihr die Feuerzeuche anmache, von mir aus könnt ihr sie euch aber auch in den Arsch stecke“). Die Bühnenpräsentation der Stücke, immer gegen den Strich einer fassadenfreundlichen Plattenindustrie gebürstet, etablierte den Rülpser in der deutschen Rockmusik lange vor den Toten Hosen. Damals schrieben die Zeltingers ihre Stücke noch selbst.

Damit ist neuerdings Schluß, und darunter leidet die neue Platte Zeltingers ebenso wie das Konzert am Freitag. Ganz offensichtlich hat der von Erfolg-und Einfallslosigkeit verfolgte Udo Dirk

schneider (gaanz früher mal bei Accept) Zeltingers Deckel im Kölner Luxor bezahlt, daß er ihm jetzt ungestraft seine langweiligen Lieder aufdrücken darf.

Die Band zeigte sich - wahrscheinlich von ihrem eigenen Programm - ziemlich gelangweilt vor den gerade 120 Hartgesottenen, die sich im Maizelt verloren hatten.

Das einzig Positive an dem Abend: Auf jeden Zuhörer kam ein Zapfhahn der reichlich vorhandenen Bierstände.

Extrem peinlich bei diesen Rockveranstaltungen ist dann immer auch das Gebaren der Tourneebegleiter. Am letzten Freitag schienen der „Sicherheitsdienst“ der Kölner Band ihren Dicken mit Prince zu verwechseln: Kaum lehnte sich ein vom Pommes-Geruch in Extase Geratener ein bißchen über den Bühnenrand, wurde er ohne ersichtlichen Grund von diesen verhinderten Leibwächtern am Kragen gerissen. Eine völlig schwachsinnige Maßnahme, denn jeder Besucher hatte mindestens zehn Quadratmeter Platz für sich. ma

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