Pro und Contra Einheitsdenkmal: Der Einheit ein Denkmal?
Berlin bekommt ein Denkmal für den Mauerfall. Ganze 18 Jahre hat es gedauert, bis endlich eine Entscheidung fiel. Aber brauchen wir überhaupt eine steinerne deutsch-deutsche Erinnerung?
Ja, aber sicher!
Nichts spricht gegen ein Einheitsdenkmal. Und nichts spricht dafür, lange darüber zu debattieren, wie, für wen und an was erinnert werden soll.
Jetzt moniert Katrin Göring-Eckardt (Grüne), dass "sich öffentliches Gedenken nicht amtlich verordnen" lasse. Lothar de Maizière, letzter Ministerpräsident der DDR, möchte, dass auch an osteuropäische Freiheitsbewegungen erinnert wird. Verkehrsminister Tiefensee (SPD) will ein zweites Denkmal in Leipzig - und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) wünscht eine dezentrale Erinnerungsstätte, da die Einheit ja alle Deutschen betrifft.
Der momentan favorisierte Entwurf ist ein großer, geteilter Metallring, den der Betrachter je nach Blickwinkel geteilt oder vereinigt sieht. Dem Entwurf hat das den Vergleich mit einem "durchgeschnittenen Donut" eingebracht. Das Konsensprodukt wäre dann also ein Donut, der sowohl an den Mauerfall als auch die Revolution von 1848 sowie den Freiheitskampf der osteuropäischen Völker erinnert. Ist es tatsächlich so schwer, an eines der optimistischen Ereignisse der deutschen Geschichte zu erinnern?
Die Wiedervereinigung ist ein Ereignis, auf das alle Deutschen stolz sein können - nicht nur als Deutsche, vor allem als Menschen: Am 9. November 1989 fiel in Berlin die Mauer und leitete einen einzigartigen Prozess ein. Zwei Staaten, Speerspitzen verfeindeter Systeme, vereinigten sich, ohne dass ein Schuss fiel. Eine totalitäre Ideologie kollabierte, und Millionen wurde die Reise-, Gewerbe- und Redefreiheit geschenkt. Alles verlief friedlich. Niemand wurde getötet, gefoltert, verfolgt. Die deutsche Geschichte ist nicht gerade reich an solchen Ereignissen. Sie bietet mehr Anlässe für Mahnmale als für Denkmäler.
Das Wesen eines Denkmals ist es, ein geschichtliches Ereignis zu kondensieren und an einem symbolträchtigen Ort zum Erinnern einzuladen. Deswegen ist es mehr als angemessen, dass ein solches Denkmal auch in der Stadt steht, in der die Mauer trennte und von wo aus die Bilder feiernder Menschen um die Welt gingen. Nicht in Leipzig, nicht in Stuttgart und auch nicht in Bad Würzach. Ob das Ganze die Form eines Donuts haben muss, ist eine andere Frage.
VON PHILIPP MATTHEIS
Nö, wieso?
Es hat ja alles keinen Sinn mehr, ist längst beschlossene Sache, parlamentarisch abgenickt und eingetütet. Spätestens 2009 soll es stehen, das Denkmal zum Mauerfall oder, wie es Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) gewohnt vorsichtig ausdrückte, das "Mahnmal unseres historischen Glücks", mit dem für alle Zeiten daran erinnert werden solle, dass "deutsche Geschichte auch mal gut ausgegangen ist".
So, so, die deutsche Geschichte ist also "ausgegangen". Wie man so hört, war es ein "Happy End", seit 18 Jahren läuft der Abspann, und als höfliche Zuschauer bleiben wir so lange sitzen, bis wir auch wirklich den letzten Namen eines irgendwie Beteiligten auswendig gelernt haben. Thierse kommt auch vor. Wäre Berlin nicht Berlin, sondern ein Gesicht, es wäre wie von Sommersprossen übersät mit Ehren-, Denk- und Mahnmalen.
Tatsächlich ist die derzeit grassierende Denkmalerei, was früher die Historienmalerei war - künstlerischer Ausdruck und allegorische Überhöhung eines Bildes, das der Staat von sich selbst gemacht hat. Auch ein Denkmal für die Einheit ist mehr als nur eine "Kranzabwurfstelle", es ist sozusagen selbst der Kranz, den der Staat sich windet; weil er das doch so toll gemacht hat, damals, 1989, als er das Geschenk, das ihm die Weltgeschichte in den Schoß warf, nicht vor lauter Gier und Freude schon beim Auspacken kaputtgemacht hat.
So gesehen sollte ein Denkmal für den Mauerfall begehbar und birnenförmig sein, vielleicht mit einem fluoreszierenden Feuermal obendrauf. Anstelle eines Denkmals für die Einheit wäre ja auch das Gegenteil denkbar; leider ist das genuine Mahnmal für die Teilung - die Mauer - restlos abgebaut und in alle Welt verhökert worden. Ist denn "Einheit" nicht überhaupt ein unerreichbarer Zustand, ein Ideal, das am besten dadurch gewürdigt wäre, indem wir Deutsche uns ganz beiläufig darauf zubewegten?
Hier lohnt ein Blick auf frühere Bemühungen, der Einheit deutscher Stämme zu gedenken, wie sie nach der Reichsgründung 1871 überall im Lande als trutzige Türmchen aus dem Boden erigierten: Wo sie nicht geschleift wurden, stehen die "Bismarcktürme" heute noch seltsam sinnlos in der Gegend herum, als störrische Problempatienten der Denkmalpflege.
VON ARNO FRANK
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