Privatsphären-Probleme: Bußgeldverfahren gegen Facebook
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat am Mittwoch ein Bußgeldverfahren gegen Facebook eingeleitet. Die Firma speichert zu viel – auch ohne Einwilligung.
BERLIN taz | Facebook besitzt eine auf den ersten Blick praktische Funktion: Mit wenigen Mausklicks können neue Nutzer ihr Adressbuch von Computer oder Mobiltelefon hochladen, um automatisch ihren Freundeskreis in dem mittlerweile größten sozialen Netzwerk der Welt zu finden. Dabei scheint es jedoch zu deutlichen Eingriffen in die Privatsphäre zu kommen. Davon geht jedenfalls der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, aus: Bei der Einladungs- und Synchronisierungsfunktionen von Facebook würden nämlich auch Daten von Nichtnutzern ohne deren Einwilligung "erhoben, langfristig gespeichert und zu Vermarktungszwecken genutzt".
Caspar hat deshalb am Mittwoch ein förmliches Bußgeldverfahren gegen Facebook eingeleitet. "Zu der Problematik der Nutzung von Daten Dritter haben uns in den letzten Monaten viele Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern erreicht", so der Datenschützer. Die seien darüber besorgt, dass Facebook über ihre Adressen verfüge und dadurch auch Kenntnisse über ihre persönlichen Beziehungen habe. Tatsächlich wirkt die Funktion auf viele Internet-Nutzer durchaus unheimlich: Nach dem Hochladen der Adressbuchdaten durch einen Freund erhält auch mancher Facebook-Verweigerer plötzlich eine Einladungsmail von dem sozialen Netz.
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte sieht insbesondere die von Facebook vorgenommene Speicherung als problematisch an. Zwar hätten auch andere soziale Netzwerke eine derartige "Friend-Finding"-Funktion. Diese führe aber nicht dazu, dass die Informationen dauerhaft abgelegt würden. "Die Kontaktvorschläge, die Facebook in den Freundschaftseinladungen unterbreitet, geben durchaus Anlass zu der Vermutung, dass die aus den Adressbüchern der Nutzer erhobenen Daten auch zur Erstellung von Beziehungsprofilen von Nichtnutzern dienen."
Bei mehreren Millionen Mitgliedern allein in Deutschland - weltweit nähert sich Facebook der Marke von 500 Millionen - sei das "eine beunruhigende Vorstellung". Caspar kritisierte zudem den Versand von Emails an Nichtmitglieder, die möglicherweise eine "unzulässige Direktwerbung" darstellten. Facebook, das in Deutschland nur eine kleine Niederlassung besitzt, hat nun bis zum 11. August 2010 Zeit, zu den Vorwürfen juristisch Stellung zu nehmen. Schlimmstenfalls droht eine Strafe von bis zu 300.000 Euro.
Leser*innenkommentare
Schweinerei
Gast
@günther Und was können die Nichtuser dafür?
Gunther
Gast
Wer sich bei Netzwerken anmeldet und automatisierte
Abfragen nutzt muss sich über ungewollte Datenabfragen nicht wundern.
Auch bei Facebook - erst genau lesen, dann klicken !!
Claudia
Gast
Gut, dass sich jemand um das Datenschutzproblem kümmert. Es ist tatsächlich unheimlich, wenn einem Facebook-Abstinenzler die Mitgliedschaft mit dem Hinweis vorgeschlagen wird, seine "Freunde" aus dem realen Leben seien auch schon da. Was ich mich frage ist allerdings, wieso so viele User einfach mal ihre Adressbücher irgendwo hinladen, wo sie die Verwendung ihrer Daten (und die ihrer Freunde, Zahnärzte und Zufallsbekanntschaften) nicht mehr kontrollieren können. - Die größten Feinde des Datenschutzes sind hier offenbar grenzenlose Naivität und der Unwille, sich mit dem genutzten Medium kritisch, das heißt bisweilen auch technisch auseinanderzusetzen. Und das gilt sicherlich nicht nur im Fall Facebook.
Elissa
Gast
Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah! Yeah!
Tadeusz Szewczyk
Gast
300 Tausend? Das wird sich der jüngster Milliardär der Welt gearde noch mit Mühe und Not leisten können. Das wird Facebook sicher in die Knie zwingen!