: Privatsache oder Staatsaufgabe?
„Religion – raus aus der Schule“, taz vom 4. März
Zu dem Kommentar sind ein paar Fragen zu stellen: 1) Wie ist das eigentlich mit den Grundlagen unserer Gesellschaft? Gründet sie nur auf den „Errungenschaften“ der Französischen Revolution und/oder der Aufklärung? Oder spielen der jüdisch-christliche Dekalog und die Werte wie die lange Geschichte des Christentums in unserem Lande als Basis des auch von der Kirche getrennten Staates noch eine Rolle? Wenn ja, ist es Pflicht und Schuldigkeit des Staates, seinen Nachwuchs mit den Werten, Traditionen etc. vertraut zu machen, auf denen unsere Kultur wie unsere Gesellschaft basieren.
2) Ist dem Autor klar, was die Bremensie „Biblischer Geschichtsunterricht auf allgemein-christlicher Grundlage“ eigentlich laut den Vätern und Müttern unserer Verfassung sein soll? Liest man die Kommentare d e s Verfassungsvaters, Bürgermeister Theodor Spitta, sollte es ein evangelischer Religionsunterricht sein, der die konfessionellen Unterschiede zwischen Calvinisten, Lutheranern und Unierten außer Acht ließ. Das galt auch für die „Religionskunde“ in den oberen Jahrgängen. Das heißt aber doch wohl, dass auch die Bremer Kinder – wie überall im Lande – ein Recht darauf haben, über christliche Inhalte authentisch informiert zu werden. Das wiederum geht nach dem Verständnis eines von der Kirche getrennten Staates nur, wenn die Kirchen in irgendeiner Form beteiligt werden, denn Religion ist – spätestens seit 1929 – ihr Bier und nicht das des Staates. Moslems wie Juden haben aber ebenfalls ein Recht darauf, auch über ihre Religion in der Schule authentisch informiert zu werden. Und zwar in eigenem Unterricht. Wenn dies die Verfassung nicht zulässt, müsste man sie vielleicht ändern.
Eine dritte Frage ist die – und das ist vermutlich die interessanteste – : Wie wird dieser Unterricht in den Schulen eigentlich in Praxi erteilt und was wird in ihm wirklich vermittelt? Auch wenn der „Glaube“, wie der Kommentator schreibt, „Privatsache ist“, gehört „die weltanschauliche Unterweisung“ aber dennoch in die Schule. Das ist nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik unbestritten.
Wilhelm Tacke, Sprecher des katholischen Gemeindeverbands
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