: Priorität genießt die konkrete Projektarbeit
■ Trotz Überschneidungen gab es von Beginn an regionale Schwerpunktsetzungen
Gut 60 Prozent der Mittel, die die Stiftungen zur Verfügung haben, sind für die Arbeit im Ausland gedacht. Im Unterschied zu den Stiftungen der Altparteien – auf diese Feststellung legen alle drei Bündnisgrünen-Stiftungen großen Wert – habe man das Geld bislang in konkrete Projektarbeit gesteckt statt teure Repräsentationsbüros aufzubauen. Obwohl es in der Auslandsarbeit der drei Stiftungen teilweise unsinnige Doppelungen gibt, beispielsweise zwei Büros in Prag, Überschneidungen in Brasilien und Südafrika, hat es von Beginn an eine grobe regionale Schwerpunktsetzung gegeben.
Während Buntstift sich auf Mittelamerika und den Nahen Osten konzentriert hat – Gebiete, die sich auch Mitte der achtziger Jahre noch einer besonderen Anteilnahme der bundesdeutschen Solidaritätsbewegung erfreuten –, versuchte die Böll-Stiftung bereits vor dem Mauerfall, den Osten Europas zu erschließen. Heute kann man deshalb stolz auf Veranstaltungen verweisen, zu denen sogar Vaclav Havel kommt, eben weil man ihn aus seiner Dissidentenzeit kennt. Über den Ökolandbau in Lettland, ein multikulturelles Zentrum im rumänischen Tirgu Mures bis zu Antikriegkampagnen im ehemaligen Jugoslawien ist die Böll-Stiftung in ganz Osteuropa präsent. Buntstift beteiligt sich unterdessen am Aufbau demokratischer Basismedien im Nahen Osten und Mittelamerika. So werden in El Salvador die beiden Sender der ehemaligen Guerillabewegung bei ihrer Überführung in die Legalität, und dem damit verbundenen kommerziellen Druck, unterstützt sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für JournalistInnen angeboten. Ähnliches versucht Buntstift in der Westbank und im Gaza-Streifen mit dem Ziel, einen unabhängigen Rundfunk für den zukünftigen palästinensischen Staat zu ermöglichen.
Durch die Aufstockung der Mittel für Ost-Mitteleuropa von Seiten des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) ist aber auch Buntstift stärker in die Domäne der Böll-Stiftung eingestiegen. Ökologischer Landbau und der Versuch, Öko- Initiativen in Osteuropa zusammenzubringen und zu vernetzen, sind der Schwerpunkt von Buntstift in dieser Region. Auch die Frauen-Anstiftung ist hier vertreten und bemüht sich, erste zarte feministische Pflänzchen finanziell zu bewässern. Aber auch die Frauen-Anstiftung ist nicht auf Osteuropa begrenzt. Besonders stolz ist man in Hamburg auf das erste Frauenhaus in Afrika, das mit ihrer Unterstützung gegründet wurde.
Die Kritik der Partei richtet sich nicht so sehr gegen die Projekte im einzelnen, sondern sie bemängelt das Fehlen einer durchgängigen Strategie in der Auslandsarbeit. Standorte und Projekte seien oft zufällig aufgrund persönlicher Vorlieben einzelner Leute entstanden. Außerdem fehlten Büros in den wichtigsten Metropolen wie Washington, Moskau, Paris und London. Die Stiftungen sind nicht grundsätzlich gegen solche Büros, „aber nicht auf Kosten der bestehenden Projekte“.
Ist die Auslandsarbeit durch eine behutsame Mittelumschichtung über einen längeren Zeitraum noch relativ konfliktfrei umzuschichten, so stehen sich im Inland zwei Ansätze alternativ gegenüber. Buntstift setzt traditionell auf Regionalbüros und Länderstiftungen, wogegen die Partei sich mehr von einer zentralen Einrichtung verspricht, die eher in der Lage ist, bundesweit interessierende Themen aufzugreifen. Außerdem sollen eine grüne Akademie und ein Institut für feministische Theorie und Praxis gegründet werden – Orte, an denen wieder langfristiger gedacht wird und von denen sich die Partei Ideen und Anstöße erhofft. „Wenn es zusätzliche Mittel gibt“, meint Katrin Werlich vom Buntstift-Vorstand, „kann man das ja alles machen. Wenn nicht, gibt es ein Desaster.“
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