Prima Klima: Quickie mit Väterchen Frost
Schnee, Eis und Kälte im Überfluss: Der Winter ist in diesem Jahr kurz und heftig. Man sollte ihn in vollen Zügen genießen, denn ab Sonntag bahnt sich vielerorts wieder Tauwetter an.
Ja, sie haben es getan. Sie haben sich am Sonntag zu Dutzenden aufs Eis gewagt, und sie hatten viel Spaß dabei! Mit Schlittschuhen fuhren sie kilometerweit über einen zugefrorenen See - das mag unvorsichtig sein, aber es war schön. Ihre Augen lachten, und ihre Mundwinkel flogen hoch auf die roten Wangen.
Ganz so lebensmüde, wie es klingt, war ihr Besuch auf dem See im östlichen Brandenburg auch nicht - dort, wo die russische Kälte im Winter in Deutschland immer zuerst und immer am heftigsten ankommt. Geschätzte 15 Zentimeter dick war das Eis, wie man an einem Loch der Eisangler sehen konnte. So gab es auf ihrer langen Fahrt auf herrlich glattem Eis, das mit einer dünnen, weichen Schicht aus nassem Schnee überzogen war, kein einziges Knacken und kein Knallen, kein Brechen und kein Bersten. Und am Morgen danach war die ganze Landschaft mit einer zentimeterdicken Schneeschicht überzogen, die das Licht der aufsteigenden Sonne reflektierte. Winter, wundervoll!
Trotz aller Unbequemlichkeiten mit verspäteten Zügen und Flugzeugen, verstopften Straßen und Nasen - die meisten Menschen in Deutschland scheinen sich über den knackigen Winter zu freuen, der in der Nacht von Montag auf Dienstag Temperaturen von bis zu minus 20 Grad brachte. Das ist auch kein Wunder, denn der letzte ordentliche Winter ist länger her - genau drei Jahre. Damals war es, zumindest im Berliner Raum, von Anfang Januar bis Mitte März winterlich kalt, mit gefrorenen Seen, verschneiten Feldern und Wäldern - und ausverkauften Wintersportabteilungen in den Kaufhäusern. Die vergangenen zwei Winter jedoch waren nicht der Rede wert - viel zu mild und zu westwindig, worüber sich allenfalls die Betreiber von Windkraftanlagen freuen konnten. Und angesichts des Klimawandels fragte schon mancher besorgt und wehmütig: Wann wirds mal wieder richtig Winter?
Nun, im Moment haben wir ihn. Findet der Klimawandel also nicht statt, nur weil wir mal zwei Wochen Frost haben? Natürlich nicht, denn ganz banal gilt: Wetter ist nicht gleich Klima. Zudem hängen relativ niedrige Temperaturen in einem Gebiet mit relativ hohen in einem anderen zusammen - je nach Wetterlage. So schaufelt derzeit das Hochdruckgebiet "Angelika" - in Hochdruckgebieten strömt die Luft immer im Uhrzeigersinn, in Tiefdruckgebieten gegen den Uhrzeigersinn - an seiner Nordwestflanke milde Luft in das Seegebiet nördlich von Schottland, während es an seiner Südostflanke die kalte Luft Osteuropa zu uns lenkt.
Interessant ist zurzeit im europäisch-atlantischen Wetterraum auch: Während es in Mittel- und Osteuropa winterlich kalt ist, herrschen auf der kanadischen Halbinsel Labrador und im Süden Grönlands milde Temperaturen von bis zu 10 Grad - vor einem Jahr war es genau umgekehrt.
Entwarnung an der Klimafront gibt es also nicht, die Wetterstatistiken sprechen eine deutliche Sprache. Weltweit zählte das vergangene Jahr zu einem der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. In Deutschland betrug 2008 die Durchschnittstemperatur nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) 9,5 Grad, sie lag damit um 1,3 Grad über dem langjährigen Mittel. Hauptanteil daran hatten die Monate Januar, Februar und Mai, die deutlich zu warm waren. 2008 gehörte damit zu den zehn wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1901. "Wir sehen hier einen klaren Trend", sagt DWD-Metereologe Gerhard Müller-Westermeier. "Über die letzten 100 Jahre hatten wir 0,9 Grad Erwärmung, und dass die letzten Jahre oft zu den wärmsten gehörten, passt ins Bild: Der Klimawandel ist da."
Langfristig bedeutet das: Die Sommer in Deutschland werden heißer, und die Winter werden milder und nasser, wie in den vergangenen zwei Jahren. Das heißt: Wenn es schon mal winterlich kalt ist, sollte man es genießen - mit Skiern und Schlitten, mit Schlittschuhen und Schneemannbauen, mit Glühwein und Winterliedersingen. Winterurlaub zu Hause ist schön!
Und wer den zugefrorenen Teichen und Seen nicht traut, kann eine ostdeutsche Tradition wiederbeleben: Spritzeisbahnen. Dafür braucht man nur eine ebene Fläche, etwa einen überdimensionierten Parkplatz, geeignetes Begrenzungsmaterial und einen Wasserschlauch. Fünf bis zehn Zentimeter Wasser auf einer handballfeldgroßen Fläche reichen aus, um ein Spiel- und Bewegungsparadies für Groß und Klein zu schaffen. Derzeit dürften zwei bis drei Nächte zum Gefrieren ausreichen. Die Eisfreunde müssen sich aber beeilen: Ab dem Wochenende droht verbreitet Tauwetter.
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