■ Preußischer Landtag: Ja, wo liegt er denn?
Löblich, meine Damen und Herren Abgeordneten: Obwohl Sie in Ihrem neuen Domizil im Preußischen Landtag noch immer auf der verzweifelten Suche nach Ihrem Büro, der Toilette oder der Sektbar sind, laden Sie das gemeine Volk schon jetzt zu einem „Tag der offenen Tür“ ein. Am Samstag ab 11 Uhr darf das, was Sie vulgo Wähler nennen und dabei klammheimlich herzlich hassen, zum Portal hereinwimmeln, sich über die die Informations- und Imbißstände hermachen, der Parlamentspräsidentin und den Abgeordneten um die Beine streichen und wahlweise der Talk-Show mit Lotti Huber, Günter Rexrodt und Wolfgang Menge oder dem französischen Militärorchester lauschen. Oder gar der strahlenden Wiederauferstehung der preußischen Monarchie in den Fraktionsräumen von Bündnis 90/Grünen beiwohnen: Dortselbst ist zu bewundern Seine Majestät Königin Luise. Oder zumindest ihr eher dem Künstler gleichendes Portrait, das Martin von Ostrowski anfertigte.
Erlauben Sie mir jedoch, meine verehrten Abgeordneten, eine kleine Verwirrung anzumelden. In den Anzeigen, die die Parlamentspräsidentin zwecks Propaganda für den „Tag der offenen Tür“ aufgeben ließ, wird als Adresse des rauschenden Volksfestes einzig folgendes angegeben: „O-1080 Berlin-Mitte“. Sicherlich, ich weiß um Ihre Abneigung, sich zu einer Straße zu bekennen, die den Namen einer NS-Widerstandskämpferin und Kommunistin – igitt igitt Käthe – trägt. Ich weiß auch um Ihr grenzenloses Selbstvertrauen, anzunehmen, daß nunmehr alle Welt von den Antillen bis Zehlendorf jene Stätte kennen müßte, da SIE doch darin wirken. Aber, mit Verlaub, so gut sind Ihre Schulen nicht, daß dem ganzen Volk diese Bildungslücke, wo denn der alte Landtag liege, geschlossen worden wäre. Herr Hinz und Frau Kunz scheinen nicht sonderlich willkommen zu sein – oder plant Frau Laurien etwa eine neckische Schnitzeljagd durch den Bezirk Mitte? Ute Scheub
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