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PresseIrgendetwas Kopfloses

■ Presserat: Missbilligung gegen den Weser Kurier

Darf ein Journalist aus Fotos Schriftzüge wegretouschieren, wenn die Inhalte ihm nicht passen? Der Weser Kurier meinte „ja“, als er am 20. Mai eine Pendlerreportage veröffentlichte. Der Teufel wollte es, dass die Kollegin an taz-lesende Pendler geraten war. Als dieser Umstand dann aber auf dem Foto zur Reportage gut sichtbar war, wurde der Schriftzug „die tageszeitung“ schlicht weggemacht - in der Veröffentlichung sieht es aus wie irgendetwas Kopfloses, das da auf dem Tisch im Pendlerzug liegt.

Die Retusche sei in Ordnung, fand auch im Nachhinein das verantwortliche Mitglied der Chefredaktion, Peter Bauer. Wir konnten uns das nicht vorstellen und wollten es vom Deutschen Presserat genau wissen.

Der Beschwerdeausschuss des Presserates, ein Organ der Selbstkontrolle der deutschen Presse, hat in seiner Sitzung vom 18. September den Fall geprüft und eine „Missbilligung“ ausgesprochen. Das bedeutet: Der Verstoß des Weser Kurier war keine Kleinigkeit, da hätte eine „Rüge“ gereicht, sondern sozusagen ein mittelschwerer Fall.

In der verletzten Ziffer 2 des Pressekodex ist festgehalten, begründet der Ausschuss seine Missbilligung, „dass zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild (!) mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen sind. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden.“ Der Presserat verweist ergänzend auf Ziffer 2.2 der Richtlinie zum Ehrenkodex, in der geregelt ist, dass „Fotomontagen und sons-tige Veränderungen deutlich wahrnehmbar in Bildlegende bzw. Bezugstext als solche erkennbar zu machen sind“.

Und weiter: „Der Beschwerdeausschuss hielt den Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex für so schwerwiegend, dass er gemäß § 10 Beschwerdeordnung die Maßnahme der Miss-billigung wählte“, heißt es in dem Brief des Presserates an den Weser Kurier. Es bestehe für den Weser Kurier zwar keine Pflicht, diese Missbilligung zu veröffentlichen. „Im Hinblick auf eine faire Berichterstattung empfiehlt dies jedoch der Beschwerdeausschuss.“ K.W.

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