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■ Presse-SchauEs geht ein Ruf wie Donnerhall ...

Nun wird abgerechnet; wird, ja: Trauerarbeit geleistet. Wird weiterhin, ganz klar und nur allzu verständlich, gefragt: Quo vadis?

Bild rückt die Marschrichtung fett auf die Seite 1: „Berti, bitte geh!“ Und deutschtümelt jammervoll: „Unsere früher so stolze Nationalelf ist nur noch ein Trümmerhaufen.“ Inwendig folgt die Auflistung „Seine 10 größten Fehler“ und ein redaktionelles Demissionsschreiben mit der ultimativen Aufforderung: „Herr Vogts, unterschreiben Sie hier.“

Sorgenvoll legt die FAZ ihre Titelzeile in Falten: „Eine deutsche Mannschaft ohne Feuer, ohne Geist – und ohne Zukunft?“ Folgt die Ursachenforschung: „Berti Vogts war ein Chef, der nicht einmal von sich selbst überzeugt war.“ Und als Vision werden statt fußballerisch blühender Landschaften eher schlappe Mannschaften geboten: „Es könnte sogar der Tag kommen, da das Erreichen eines WM-Viertelfinales in Deutschland als Erfolg gefeiert wird.“ Schluck, schneuz! Sogar ins gerühmte FAZ-Feuilleton hat sich ein langer Artikel („Dialektik der Abklärung“) geschlichen, mit dem glänzend gedrechselten Fazit: „Mit dem anachronistischen Festhalten am Mythos deutscher Effizienz ist Berti Vogts glanzlos gescheitert.“ Weshalb sich Autor Dirk Schümer gleich als Nachfolger ins Gespräch bringt: „Es gibt auch bei uns noch Spieler, denen es Spaß macht, Fußball zu spielen.“ Chapeau, Schümer!

Daß derart die TV-Sessel- Trainer auf den Plan treten, hat die SZ geahnt: „An unzähligen Stammtischen von Flensburg bis Berchtesgaden hat sich das Schicksal von Berti Vogts erfüllt.“ Und? „Vogts muß weg? Die billige Methode.“ Weil: „Jetzt ist das Nationalteam auf jenem Niveau angelangt, auf dem ihre Lieferanten, die Vereine, schon seit langem verharren.“

So defätistisch mag die FR ihre gewerkschaftlich orientierte Leserschaft nicht entlassen: „Doch Panikstimmung ist nicht angebracht, denn schließlich hat der deutsche Fußball noch immer eine solide und gesunde Basis.“ Spricht hier scharpinghafte Selbstbeschwörung in der Hoffnungslosigkeit?

Nachgerade aufgebracht nörgelt Die Welt, die WM „erinnerte stark an einen Klassenausflug von Zehnjährigen“. Stinkefinger, Frauendebatte, da ergeht der Ruf wie Donnerhall: „Den deutschen Fußball drängen wirklich wichtigere Sorgen.“

Das weiß auch Sport-Bild, nämlich: „Deutschland braucht eine neue Mannschaft.“ Und schon übernimmt die Redaktion Verantwortung und bietet „Das neue Aufgebot nach der WM“. Daraus ergäbe sich u.a. folgende Elf: „Kahn - Helmer - Strunz, Kohler, Berthold, Wagner - Effenberg, Häßler, Möller - Klinsmann, Riedle.“

Oh Herr, schmeiß' Scheiße vom Himmel! Du weist auf wen!! Herr Thömmes

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