■ Press-Schlag: Beamte trainieren für Olympia
In Peking ist die Bevölkerung schon seit Jahren dazu aufgerufen, Stechmücken totzuschlagen und Fliegen zu fangen, um den Olympiatouristen im Jahre 2000 die Belästigung durch besagte Plagegeister zu ersparen. Darüber hinaus müssen Polizisten, Taxifahrer und andere Personenkreise, die eventuell mit Ausländern in olympischen Kontakt kommen könnten, ausgiebig Fremdsprachen büffeln, die einen Englisch, die anderen Deutsch, manche sogar Arabisch.
Mit einem solch tiefgreifenden Service kann die Berliner Olympia GmbH natürlich nicht mithalten. Man stelle sich das öffentliche Echo vor, wenn Eberhard Diepgen etwa die Lehrer der Stadt anweisen würde, jeden Tag eine Stunde lang das Beseitigen von Hundescheiße auf Gehwegen zu unterrichten. Oder den Polizisten, der bei Anti-Olympia-Demonstrationen deutsche Knüppelhiebe mit arabischen Flüchen garniert. Oder den Busfahrer, der eine afrikanische Olympiabesucherin gewohnt freundlich anraunzt: „Na, Oma, nu komm mal in die Gänge, oder willste hier Wurzeln schlagen, wa.“ Und das in breitestem Kisuaheli.
Und dennoch ist man auch in Berlin fündig geworden und hat eine Berufsgruppe gefunden, die die Olympiabewerbung mit ihrem persönlichen Einsatz immens vorantreiben kann: Die Beamtenschaft. Allerdings will man die Diener und Dienerinnen des Staates weder mit Fliegenklatschen noch mit Sprachkursen behelligen, sie sollen einfach eine Stunde pro Woche mehr arbeiten. Das bringt angeblich 20 Millionen Mark jährlich in die Landeskasse und dagegen wehren können sich die Beamten kaum. Streiken dürfen sie nicht und bei „Dienst nach Vorschrift“ höhnt das ganze Land: „Na, dann müssen sie ja endlich mal arbeiten.“
Das Geld, das auf diese elegante Weise erwirtschaftet wird, kann dann sogleich dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als notdürftig getarntes Schmiergeld in den Rachen geworfen werden. 29 Millionen Mark hat Diepgen den Olympiern für die Unterstützung bedürftiger Sportverbände in Aussicht gestellt, falls Berlin den Olympiazuschlag bekommt, und auf diese Weise die Angebote anderer Bewerberstädte gekontert, die die Transportkosten für die gesamte „Olympische Familie“ übernehmen wollen. Angefangen hat damit Sydney, nachdem die Konkurrenz, nicht zuletzt Berlin, gespottet hatte, daß Australien viel zu weit weg, daher viel zu teuer, daher ohne jede Chance sei.
Nun beißt sich die Katze in den Schwanz und die Reaktion der anderen wird nicht auf sich warten lassen: „Olympische Menschenkette schützt badende Olympiatouristen vor Haifischen“ (Sydney). „Wir lernen kochen“ (Manchester). „China erklärt sich geschlossen zur Sektion von amnesty international“ (Peking). Matti
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