■ Press-Schlag: Liga-Langeweile: Eng am Protokoll
Mal ehrlich, wen wundert es, daß Bayern München Meister geworden ist? Erstaunlich war doch vielmehr, daß es in den letzten Jahren nicht geklappt hat. Nach dem abgeleisteten Dienst nach Vorschrift künden Meisterfeiern im „Seehaus im englischen Garten“ davon, daß es der Bundesliga an Reiz mangelt. Den versprechen allein Unwägbarkeiten: Leverkusen als Meister wäre so eine gewesen. Bochum ist eine durch die Uefa-Cup-Qualifikation, Duisburg mit dem souveränen Klassenerhalt.
Aber: Freiburg abgestiegen, Düsseldorf und St. Pauli – da gerät der Liga-Haussender ins Grübeln, zuviel Vorhersehbarkeit kann auch ihm nicht schmecken. Der HSV oder der 1. FC Köln statt der Armenhäuser nach unten delegiert – das wäre es gewesen. Statt dessen hat Köln plötzlich wieder Fans, die ihre vor Wochen nach den Heimniederlagen gegen Duisburg und Bielefeld noch beschimpften „Scheiß-Millionäre“ bejubeln. Aufgeregte Presseleute, die den Vorstand der Blindheit bezichtigten, weil der Trainer Trainer bleiben durfte, obwohl sie ihn mit aller Macht wegzuschreiben versucht haben, erheben denselben Neururer nach zweimal vier Toren nun zum Helden. Und der HSV will sich den Wettbewerbsvorteil zur nächsten Saison sichern, indem er einem Konkurrenten um den Klassenerhalt den Trainer stibitzen will. Dabei braucht die Liga Rostock viel nötiger.
Wenn die Bayern wenigstens hübsch gespielt hätten. Aber selbst nach Schalke hat man in dieser Saison lieber gesehen als nach München. International zumindest. Im Fernsehen besingt die Mannschaft ihren Uefa-Cup-Sieg, sowas wäre bei den Bayern tabu, wo der eigene Anspruch kaiserlicher Sitten bereits durchs Protokoll Langeweile bedingt. Eine Überraschung verspricht nur Beckenbauers Beobachtung, „der Mario“ werde „immer mehr zum Münchner“. Aber bei den Bayern können sie anstellen, was sie wollen – selbst ungeahnte Wendungen sind bei ihnen einfach nur traurig. Jörg Winterfeldt
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