■ Press-Schlag: Armer Seppl
Fritz Walter wird es die Zornesröte auf die Stirn getrieben haben. Da hat sein „Chef“, der Alt-Bundestrainer Josef Herberger, lange vor seinem Tod schon gewünscht, sein Häuschen in Weinheim-Hohensachsen solle dereinst zu einem „Fußball-Museum“ werden. In seiner Zeit als Reichs- und später als Bundestrainer von allen Seiten und in vielen Ländern reich beschenkt, ausgestattet mit Wimpeln, Medaillen und Trophäen, wollte Herberger verhindern, daß das alles nach seinem Tod in alle Welt verstreut würde, dahin, wo es hergekommen war. Ehefrau Ev hielt Wacht.
Doch das Leben ist endlich, und als es der Fußballgöttin gefiel, die Hochbetagte 1989 zu sich zu rufen, fiel das Erbe an den DFB. Der hatte nichts Besseres zu tun, als die wertvollsten Dokumente und Gegenstände nach Frankfurt zu befördern. Das Aus für das Museum, das, so DFB-Justitiar Götz Eilers nach einem Treffen mit Weinheims OB Uwe Kleefoot, aus baulichen und finanziellen Gründen nicht realisiert werden könne. Nun drohen Seppls Mitbringsel aus Bern und Chile, seine Zinnteller und Porzellanpferdchen in einem Frankfurter Keller zu verstauben. Schlimmer noch! Die Sammlung wird – wie unter Erben üblich – aufgeteilt. Weinheim schafft Platz im Heimatmuseum, derweil der DFB eine Nische in einem neuen Leistungszentrum reservieren will. Das Haus ist dann leer und soll verkauft werden, angeblich zwingt die Bausubstanz zu baldigem Handeln.
Eine schöne Umschreibung für ein halb ausgeschlagenes Erbe. Und ein Signal für Herbergers Nachfolger und für seine rechte Hand auf dem Spielfeld, jenen Fritz Walter, dessen Ehe mit Italia kinderlos blieb. Wenn's ans Sterben geht, schaut Euer Dach an und laßt es neu eindecken! Ersetzt die popeligen Fenster, erneuert die Fassade! Streicht die Zäune! Und vermacht die Bude und was darinnen ist in Seppls Namen nicht dem DFB, sondern dem nächsten Kreisliga-Klub gleich um die Ecke. Günter Rohrbacher-List
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