■ Press-Schlag: Schwarze Steine
„Campomanes ist sehr pfiffig und begreift, daß er diese Partie mit den schwarzen Steinen spielt“, hatte Schach-Weltmeister Garri Kasparow vor drei Wochen über seinen Machtkampf mit dem philippinischen Präsidenten des Weltverbandes FIDE gesagt. Doch so ganz hat Florencio Campomanes seine miserable Stellung wohl nicht begriffen. Er ließ alle Versuche, im Streit um den Austragungsort der nächsten WM zwischen Kasparow und dem Briten Nigel Short zu einem Kompromiß zu kommen, scheitern. Jetzt setzte die FIDE Kasparow als Weltmeister ab, und es droht ihr nun ein ähnlicher Abstieg wie dem von der Spielervereinigung ATP entmachteten Internationalen Tennisverband.
Nachdem sich Kasparow mit Short geeinigt hatte, die von der FIDE bestimmte Stadt Manchester als Austragungsort abzulehnen, hatten die beiden flugs die „Professional Chess Association“ (PCA) gegründet und beschlossen, ihre WM selbst zu organisieren. Anfang der Woche präsentierten sie vier lukrative Offerten, vermutlich wird ihr Match im September in London beginnen. „Auch wenn mein Duell mit Short nicht von der FIDE getragen wird, wird es dasjenige sein, das die Sponsoren, das Publikum und das Fernsehen anzieht“, stellte der Weltmeister fest und holte dann zum unbarmherzigen Abgesang auf die FIDE aus: „Die Auseinandersetzungen der Elite müssen maximal professionalisiert sein.“ Da die FIDE dazu offenkundig nicht in der Lage sei, habe er bereits Gespräche mit der International Management Group (IMG) geführt. Die IMG, der bedeutendste multinationale Management-Konzern im internationalen Sport, habe sich durchaus interessiert gezeigt.
Campomanes indessen dürfte gewaltige Probleme bekommen, seine Alternativ-WM zwischen Anatoli Karpow und Jan Timman auf die Beine zu stellen. Vorausgesetzt, daß die zwei überhaupt spielen wollen, ist die Frage, ob Manchester bereit ist, auch eine mindere Veranstaltung wie das Karpow- Timman-Match auszurichten. Die Steine des Florencio Campomanes werden immer schwärzer. Matti
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