Press-Schlag: Freiheit für Möller
■ Wie sich das Fußballfachblatt „Kicker“ für Gefangene einsetzt
Anfänglich nur versteckt im Inhaltsverzeichnis, prangt sie auf Seite 33 klar, eindeutig, nix daran zu rütteln, die Losung der radikalen Linken in diesem Sommer: Freiheit für Möller! Was zunächst nach der subversiven Tat eines Setzers ausschaut, erweist sich im Innenteil des Sonderheftes „WM 94“ als klare Linie der Kicker-Redaktion.
Die Fußball-Fachjournalisten haben natürlich recht. Irmgard Möller sitzt seit über 20 Jahren im Knast – und da gibt es nur eines: Freiheit für Möller! Doch so glasklar wie andere linke Presseorgane kann der in konspirativer Taktiererei gewiefte Kicker sein Anliegen nicht formulieren. Mit seiner Hunderttausender-Auflage hat er auch eine Klientel, deren politisches Bewußtsein erst langsam zu entwickeln ist, und da wirken allzu militante Losungen sektiererisch. Gewagt ist es bereits, wenn in dem Artikel Möllers „Schußkraft und Kreativität“ gelobt werden, auch wenn der Kicker seit etwa vier Jahren bei „Freiabos für Gefangene e.V.“ mitmacht und durch seine aktuellen Analysen dafür sorgt, daß die Taktik- und Strategiedebatten sowohl drinnen als auch draußen vorwärtsgetrieben werden.
In bester konspirativer Tradition wird Irmgard Möller, die ja eigentlich gemeint ist, das vornämliche Kosewort „Andreas“ beigegeben. Und die Experten der Bundesanwaltschaft rätseln gegenwärtig noch, welche bislang unbekannte Gruppierung sich hinter dem Namen „Das deutsche Mittelfeld“ verbergen könnte; dies nämlich ist die Textzeile über der eindeutigen und auch für Karlsruher Experten leicht zu dechriffrierenden Forderung: „Freiheit für Möller!“
Die ominöse Gruppierung namens „Das deutsche Mittelfeld“, eine für den militanten Widerstand „eher ungewöhnliche und neuartige Bezeichnung“, wie Terrorismusexperten hinter vorgehaltener Hand zugeben, scheint für den diesjährigen Sommer einiges zu planen. Das inkriminierte Sonderheft – ein Vierfarbdruck, der auf besondere finanzielle Rücklagen oder Zugewinne verweist – trägt den Titel „WM 94“. Da kann es keine Mißverständnisse geben, da sind sich alle Experten einig: WM steht für „Widerstand Militant“, und über dunkle Kanäle wird geraunzt, daß „im Juni oder Juli in den USA etwas Ernstes steigen soll“. Karl Martin
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen