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Press-SchlagMythos am Ende

■ Auch im Stadion an der Grünwalder Straße kein Glück für 1860 München

Heimkommen kann manchmal grausam sein. „Seht nur die Leute, sie sind begeistert“, sprach Thomas Miller, der rustikale Manndecker vom TSV 1860 München und blickte in das Stadionrund. Hinüber deutete er in die Ostkurve, wo die getreuesten Fans ausgeharrt hatten, obschon das Spiel längst vorbei war, hinauf deutete er zur Gegengeraden, wo immer noch einige saßen und winkten. „Hier sind wir zu Hause“, befand Miller, um dann traurig den Kopf zu senken, „aber was hilft das alles, die Punkte sind weg.“ Der Fußballsport, er lebt vom Mythos, und nirgendwo sonst, sagen die Leute, bedeuten Mythen mehr als beim TSV 1860. Zurückgekehrt war der Verein nach drei Auftritten im mondänen, aber trostlosen Olympiastadion in seine heimelige Kampfarena an der Grünwalder Straße. „Jetzt fängt für uns die Saison an“, hatte Trainer Werner Lorant gesagt anläßlich des Umzugs; jetzt werde alles gut, haben die Anhänger gesagt vor dem Spiel gegen den SV Werder Bremen, und es war, als hätten alle gehofft, die Tore, sie würden sich weiten in ihren Ausmaßen bei jedem Schußversuch der Sechziger oder wundersam am richtigen Ort stehen, wenn der Ball geflogen kommt. Doch trotzig verweilten die leblosen Gegenstände, vorbei segelte das Sportgerät gnadenlos, 1860 unterlag gegen die Nestbeschmutzer aus Bremen 1:2 (1:1), und Löwen- Präsident Karl-Heinz Wildmoser ahnte, was zuvor keiner wahrhaben wollte: „Auch im Sechziger-Stadion geht nichts automatisch.“

27.500 Menschen wurden Zeugen der besten Vorstellung des Aufsteigers in dieser Saison, aber was hilft das, wenn der Gegner Bremen heißt und funktioniert wie ein Ensemble aus Fußballrobotern. „Wir haben gewußt, was 1860 der Umzug in dieses Stadion bedeutet“, meinte Otto Rehhagel, und dementsprechend abgebrüht reagierten seine Kicker auf die Ausnahmesituation. Mochten die Münchner noch so beseelt über das liebgewonnene Geläuf ackern, noch so heißblütig anrennen, stets blieb die Bremer Fußballmaschinerie im Gleichlauf, stand ein Abwehrbein im Weg. Selbst nachdem Miller die Sechziger in Führung geschossen hatte (41.), blieb die Reaktionstemperatur der Bremer auf Idealmaß. Mario Basler trat die Ecke, Andreas Herzog verlängerte per Kopf, Marco Bode klatschte der Ball ins Gesicht und von dort ins Tor. „Reiner Zufall“, beschied Bode hernach, die Wirkung war dennoch stattlich: 1:1, nur eine Minute nach Millers Energieleistung.

So kühlt man Gemüter ab. Das Schweigen im Stadion, es wurde zur Pein. Abermals Bode durchkurvte die Münchner Reihen und schob eiskalt ein, 2:1 führte Bremen fortan, „und auch wenn es am Ende noch hektisch wurde“, wie Bode befand, „haben wir doch einfach die Scheiße am Hacken, und da kann man nicht gewinnen“, raunte Miller.

Allein, ein wenig Trost blieb. Gestern stellte Wildmoser mit Stürmer Olaf Bodden von Hansa Rostock einen weiteren Zugang vor, und Manfred Schwabl resümierte: „Der Unterschied zwischen der europäischen Spitzenmannschaft Bremen und dem ehemaligen Bayernligisten 1860 war gar nicht groß.“ Die kleinen Differenzen haben aber bisweilen große Wirkung: Bremen vorne im Klassement, 1860 letzter – und um eine Erkenntnis reicher, „denn auch im Sechziger-Stadion“, sprach Wildmoser, „muß man das Tor genau treffen, ansonsten verliert man“. Ende des Mythos. Gerhard Pfeil

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