Press-Schlag: Nie wird Diva Zofe!
■ Ein offener Brief an den gestrengen Fußballehrer Josef Heynckes
Lieber Jupp Heynckes!
Es reicht! Mit Ihrer neuen Eintracht haben wir aber auch absolut gar nichts zu tun. Wir haben die Eintracht geliebt, weil dort Individualisten wie Uwe Bein, Anthony Yeboah, Maurizio Gaudino oder Jay Jay Okocha – in Kongruenz mit der Lebenswirklichkeit in der weltoffenen Mainmetropole – eine multikulturelle Community bildeten, die im Waldstadion (fast) immer Performances von ausgesuchter Qualität bot. Gerade Jay Jay Okocha hätte dafür, daß er sich in der letzten Saison unnachahmlich elegant gleich vierer KSC-Spieler entledigte und dann noch an Oliver Kahn vorbei das Leder ins Netz schlenzte, einen Vertrag auf Lebenszeit verdient statt der von Ihnen verordneten Existenz als Reservist.
Und Anthony Yeboah, der stolze Stürmer aus Ghana? War der nicht zweimal Torschützenkönig der Liga und Liebling der FrankfurterInnen („Zeugen Yeboahs“) aller Nationalitäten? Und war die Eintracht nicht einmal stolz darauf, mit Yeboah den ersten Mannschaftskapitän der Liga aus Afrika präsentieren zu können?
Lieber Jupp Heynckes! Wollen Sie uns tatsächlich die von Ihnen als „ganze Kerle“ apostrophierten deutschen Männer um den Jungvolkführer Torsten Legat als „neue Eintracht“ zumuten? Ist der brüllende Skinhead aus dem Norden etwa Ihre Antwort auf den prächtigen Gaudino-Lockenkopf aus dem Süden? Wollen Sie aus unserer Eintracht einen zweiten VfL Bochum machen – eine Ihnen hörige Söldnertruppe im Kampfeinsatz um Bundesligapunkte? Jaaa? Dann werden Sie in Zukunft im Waldstadion auf uns verzichten müssen.
Lieber Jupp „Osram“ Heynckes! Kommen Sie runter vom Roß. Erstens kommt Hochmut bekanntlich stets vor dem Fall, zweitens haben Sie Ihre Macht nun hinlänglich demonstriert – und dabei Rückendeckung von der angeschlagenen Vereinsführung erhalten. Nur weil Ihre Vorgänger Stepanovic und Toppmöller offenbar Waschlappen waren und sich nach verlorenen Spielen in der Kabine mit Fußballschuhen oder stinkenden Socken bewerfen ließen, müssen Sie heute nicht permanent den autoritären Übervater spielen. Die Eintracht ist halt wirklich jene „launische Diva vom Main“, als welche sie die Metaphernhuber so gerne bezeichnen. Und auch wenn Sie die Peitsche schwingen: aus der wird keine gehorsame Zofe werden, die Ihnen die Fußballstiefel leckt – hoffentlich.
Also: Springen Sie über Ihren Schatten. Sprechen Sie mit denen in der Schmollecke und geben Sie uns nach der Winterpause „unsere“ Eintracht wieder. „Frieden auf Erden“, lautet die Weihnachtsbotschaft. Und die Geschenke für die Eintracht liegen schon unterm Baum: Eine Baseballmütze für Sie mit der Aufschrift „Chef“. Ein paar Spezialschuhe für Yeboah für Waldläufe mit Ihnen und Joschka Fischer (Eintracht- Fan). Für Okocha ein Poster von Oliver Kahn mit Autogramm. Und für Maurizio Gaudino gibt's Wet-Gel im Sauerkrautfaß – oder endgültig den Laufpaß.
Gnadenbringende Weihnachtszeit wünscht Klaus-Peter Klingelschmitt
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