Press-Schlag: Was ist zu gewinnen?
■ Im EM-Finale stellt Theune-Meyer Individualität gegen Viererkette
Dies sind hektische Tage für Tina Theune-Meyer (42). Kaum aus Portugal zurück, ist sie weiter ins Hotel Blechhammer nach Kaiserslautern geeilt, wo die verwaltenden DFB-Angestellten die deutschen Kickerinnen vor dem sonntäglichen EM- Finale eingemietet haben. Seither hat die DFB-Trainerin den Ihren einiges erzählt, über den Finalgegner Schweden, von dem sie zwar wußten, daß er just den Algarve-Cup gewonnen hat, nicht aber, was ungleich wesentlicher ist: wie? Nun, im Gegensatz zum experimentierscheuen Gero Bisanz (61), der die Deutschen stets gegnerunabhängig und sehr konservativ übers Feld verteilt, hat Schwedens Trainer Bengt Simonson einige Varianten probiert. „Taktisch sehr stark“ seien die, befindet Theune-Meyer, nachdem sie in Portugal sah, wie die einmal mit Libera und drei Stürmerinnen spielten, das andere Mal eine gut organisierte Variante jenes 4-4-2, mit dem die schwedischen Männer bei der WM reüssiert hatten. Dabei rückt dann die Libera Pia Sundhage (35), mit über 120 Länderspielen und Italien-Erfahrung eine der Protagonistinnen im Weltfußball, auf eine Linie mit den Kolleginnen, ohne dabei ihre „dominierende Rolle“ (Theune-Meyer) einzubüßen. Die langjährige Spielgestalterin Lena Videkull (Malmö FF), die mit ihrem Hattrick im EM- Halbfinale (4:1) Titelverteidigerin Norwegen eliminierte, kam an der Algarve jedenfalls nur noch als Ergänzungskraft ins Spiel, derweil Toremacherin Anneli Andelen sich vorne als „sehr gute Anlaufstation“ bewährte.
Nun sind die Schwedinnen vom anachronistischen, doch erfolgreichen Gebolze der Norwegerinnen oder Engländerinnen weit entfernt, pflegen Technik und schätzen eine längere Verweildauer des Balles in den eigenen Reihen; außerdem hat ihnen Bengt Simonson Stärke durch „gute Organisation“ (Theune-Meyer) eingeübt. Nichtsdestotrotz und weil die Bilanz zwar drei schwedische, doch zuletzt einen deutschen Sieg verzeichnet, sagt Theune- Meyer, „denke ich, daß wir mit unseren starken Einzelspielerinnen etwas entgegensetzen können“.
Fünf Teams, das hat der Algarve-Cup der Brauweiler Fachkraft bestätigt, „sind Weltspitze“, vier aus Europa, Weltmeisterin USA, dazu mit Abstrichen Japan und China. Daß Schweden in Portugal gewonnen hat heißt nicht, „daß die besonders herausgeragt hätten“. In der Vorrunde wurde gegen Norwegen verloren, im Finale gegen Dänemark in der Verlängerung, wie Theune-Meyer fand, „glücklich“ 3:2 gewonnen.
Erkenntnis also: „Unsere Chancen sind ganz gut.“ Allerdings hat die Europameisterin von '89 und '91 nach dem Verlust von Doris Fitschen (TSV Siegen) auch den von Libera-Vertretung Jutta Nardenbach (Ahrbach) auszugleichen? „Wie“, fragt sich Theune-Meyer nun, „entsprechende Sicherheit hinten reinbringen?“ Beim Training hat man es mit der Frankfurterin Anouschka Bernhard probiert, die sich der Trainerin „anbietet“, weil sie das beim Süd-Topteam FSV mit großem Erfolg, allerdings ohne große Belastung spielt. Bisanz, der letztlich entscheidet, tendiert möglicherweise eher zur Ahrbacher Rückkehrerin Uschi Lohn. Die war 1989 schon dabei und kam nun plötzlich zurück, was letzlich nur noch einmal drastisch zeigt, daß ein Umbruch seither nie so recht stattgefunden hat, man immer nur sehr vorsichtig ergänzt hat, doch die Entscheidung über Titel oder nicht – Sichtung, U 19 und U 15 hin, die Frankfurterinnen Meinert und Prinz her – noch immer in den Füßen von Voss, Mohr, Neid liegt.
Die Frage ist allerdings nicht nur wie, sondern auch was kann frau gewinnen? Nicht zufällig gehen die Gedanken von Tina Theune-Meyer in diesen Tagen fünf Jahre zurück, als frau nach dem 4:1 über Norwegen in Osnabrück glaubte, den Frauenfußball in Kürze auch auf medialem Spitzenniveau etabliert zu haben. Heute kann davon weniger die Rede sein als damals. Zwar wird öffentlich- rechtlich übertragen, doch um 13 Uhr, im Nischen- und Verdauungsschlafprogramm.
Einerseits ist es ihr Job, andererseits aber, im Gegensatz zu manch anderem, eben auch mehr: „Das ist ein Spiel im eigenen Land“, sagt leise, wie es ihre Art ist, Tina Theune-Meyer, „das erregt sicher Aufsehen, wenn wir Europameister werden.“ Vielleicht glaubt sie es sogar. pu
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