■ Press-Schlag: Mehr Spektakel für den Skisport
Wenn es bei den Australian Open regnet, schließt man einfach das Dach, bei der Formel1 werden passende Reifen aufgezogen. Im Skisport ist das anders. Der ausgefallene Abfahrtslauf von Garmisch-Partenkirchen findet irgendwann irgendwo in Japan statt, die abgebrochene Frauenabfahrt von Val d'Isère wurde ins norwegische Narvik verlegt. Daß ein Rennen zur vorgesehenen Zeit am vorgesehenen Ort stattfindet, gehört eher zu den Raritäten. Schlecht für das Fernsehen, schlecht für die Sponsoren.
„Für die Industrie ist Ski nicht der beste Sport“, sagt Volker Schmid von der Vermarktungsagentur APF, und das liegt bloß teilweise am Wetter. Unsinnige Terminplanung, Schlamperei von Organisatoren, wie kürzlich in Sestrière, und mangelnde Innovationsbereitschaft selbstherrlicher Funktionäre sind die Hauptkritikpunkte von Wirtschaft und Athleten am Weltverband FIS. „Der Sport wird in Schönheit sterben, weil immer noch nach den Prinzipien von 1960 gehandelt wird“, schimpft Bernhard Russi, Schweizer Olympiasieger von 1972.
Besonders groß war die Empörung am Wochenende in Garmisch, wo vor allem die österreichischen Funktionäre versuchten, ein Showrennen der 32 besten Männer im Weltcup, bei dem es um 200.000 Mark Preisgeld gehen sollte, zu verhindern. Der Nebel löste den Konflikt auf seine Art, aber Volker Schmid kündigte an, daß seine Firma im nächsten Winter 10 bis 15 solcher Ereignisse mit Preisgeldern bis zu einer Million Mark ausrichten will. Seit Jahren liebäugeln die Sponsoren mit einer eigenen Rennserie, und wenn die FIS nicht aufpaßt, kann es ihr ergehen wie dem Internationalen Tennisverband, der seine Tour an die ATP verlor. Die Stars der Branche würden dann vorzugsweise bei den ebenso exklusiven wie lukrativen Showveranstaltungen auftreten, was Alberto Tomba tendenziell schon jetzt praktiziert, der FIS bliebe die zweite Garde jener Läuferinnen und Läufer, die es noch nicht zu den Fleischtrögen geschafft haben.
Die Spitzenkräfte des Skisports sind den Überlegungen der Sponsoren gegenüber natürlich sehr aufgeschlossen. „Wir brauchen mehr Spektakel und Mitspracherecht“, sagt Tomba, und Olympiasieger Patrick Ortlieb fordert: „Wir müssen den Sport anders vermarkten.“ Dem Weltverband wirft der Österreicher unter anderem vor, daß bei der Terminplanung „Ahnungslose“ am Werk seien, und greift direkt FIS-Chef Marc Hodler an. „Bei allem Respekt“ dürfte dessen Zeit vorbei sein: „Was dem Skisport fehlt, ist ein starker Weltverbandspräsident.“ Auch an seinem Vorbild läßt der Betriebswirtschaftsstudent keinen Zweifel: „Ski ist ein Sport von Funktionären, die Formel1 ein Sport von Managern.“ Regenreifen für Alberto Tomba! Matti
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