Press-Schlag: Der Sommer ist vorbei
■ Der Teamchef befindet sich auf Schwalbensuche
Eins ist schon mal klar: Jeder, der zuguckt, hat eine bessere Aufstellung als der Trottel, der für seine miesen Aufstellungen auch noch bezahlt wird. So ist das beim Fußball. Vor allem in Krisenzeiten. Und in einer solchen steckt der DFB-Fußball ja bekanntermaßen.
Oder steckte jedenfalls. Bis zum Ausstieg von Berti Vogts und der Berufung seines Nachfolgers Erich Ribbeck. Vergangene Woche hat der neue Teamchef eine Mut machende Bilanz seines knapp dreiwöchigen Wirkens gezogen: „Bisher läuft es ganz ordentlich.“
Nur was eigentlich? Nie den Flieger verpaßt auf dem Weg zur Spielbeobachtung? Immer problemlos den Weg zur Ehrentribüne gefunden? Den abhanden gekommenen Trenchoat wiedergefunden? Fragen über Fragen.
Auch bei der Benennung des Kaders für die EM-Qualifikationsspiele in der Türkei und Moldawien. „Offenbar ist man sich beim DFB nicht ganz klar darüber, wo ich einzuordnen bin“, klagte der fürs Mittelfeld nominierte Marco Bode. Nur weil er bei Werder gerade im Sturm kickt. Ja soll der Teamchef denn an alles denken?
„Alle Besserwisser sollten mal aufhören, an Erich Ribbeck rumzunörgeln, und nicht versuchen, ihm reinzureden“, hat selbst Bild am Sonntag gestern gefordert. Zack! Das sitzt. Schon hockt man wieder in der Stänkererecke.
Wo man es doch auch sehen könnte wie Ralf Weber, Eintracht Frankfurt, der den Jüngeren unter uns wahrscheinlich nur noch ein nebulöser Begriff ist: „Ich bin völlig überrascht und happy, daß man beim DFB wieder so schnell auf mich aufmerksam geworden ist“, hat Weber nach seiner Berufung vergangene Woche gesagt.
Überrascht waren wir ja auch.
Überrascht war auch Yves Eigenrauch. Im März, als er gegen Brasilien nominiert wurde, und jetzt, als Ribbeck rief. Gemeckert hat er trotzdem nicht: „Ich wollte nicht die Leute vor den Kopf stoßen, die sich für meine Berufung eingesetzt haben.“
Sollen wir da Ribbeck vor den Kopf stoßen? Nur weil einem bei Sprüchen wie „ich brauche Spieler, die sich nicht in die Hose machen“, vor Lachen genau das passiert? Oder wegen L. M., dem Mann mit der nun auch untersuchungsmäßig dokumentierten höchsten deutschen WM-Medienpräsenz? „Wir werden uns an dem System ausrichten, das die Spieler in ihren Vereinen spielen. Ein 3-5-2-Sytem mit Matthäus als Libero“, sagt Ribbeck. Nur wer spielt denn mit Matthäus als Libero? Oder mit einem Libero-Anachronismus wie Matthäus? Das würden wir jetzt fragen, wenn wir die Sache noch ernst nehmen würden und stänkern wollten.
Wir aber fragen uns nur noch: Warum nicht auch Andy Möller? Wo er sich letzte Woche vor den Teamchefaugen ins Zeug und Wolfsburgs Strafraum gelegt hat. Tja, könnte „der Faselhans von Leverkusen“ (Kölner Stadtanzeiger) sagen: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Ulrich Fuchs
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