■ Press-Schlag: Irland guckt in die Röhre
Am Ende hatte sich sogar der irische Premierminister eingeschaltet: Bertie Ahern telefonierte vier Mal mit seinem türkischen Amtskollegen Bülent Ecevit, denn es ging um eine Sache von nationalem Interesse – die Live-Übertragung des EM- Qualifikationsspiels zwischen der Türkei und Irland in Bursa. Star TV, der türkische Sender, dem die Übertragungsrechte gehörten, verlangte drei Millionen Dollar. Wären die gezahlt worden, hätte das irische Staatsfernsehen die nächsten zwölf Monate billige Konserven ausstrahlen müssen. Auf Aherns Intervention senkte Star TV den Preis auf zwei Millionen, aber auch das war den Iren zu viel.
Am Mittwoch beherrschte ein Thema die Grüne Insel: Wie schafft man es, Star TV zu empfangen? Im Radio wurden jede halbe Stunde Tipps gegeben. Leute mit Satellitenempfänger sollten die Schüssel neun Grad nach Westen ausrichten und ihren Tuner auf 11,178 Gigaherz bei vertikaler Polarität einstellen, um den Satelliten Eutelsat anzupeilen. Um nicht durch ständige Anrufe lahmgelegt zu werden, eröffnete der Radiosender eine Website, auf der alles noch mal genau beschrieben wurde. Leider vergaß man zu erwähnen, dass die Ausrichtung der Schüssel Fachleuten überlassen werden sollte. Lediglich drei Pubs in Dublin hatten es geschafft, ihre Geräte auf Star TV einzustellen, und das sprach sich herum wie ein Lauffeuer.
Bei „Shooters“ in der Innenstadt gab es 15 Fernseher, auf den Toiletten waren weitere Geräte installiert. Wer nicht in den Laden hineinkam, drückte sich an der Schaufensterscheibe die Nase platt. Interessant wurde es aber erst nach Spielschluss, als sich die Spieler eine zünftige Keilerei lieferten. So lebhaft war es während des ganzen Spiels nicht zugegangen. Es endete 0:0, wodurch sich die Türkei qualifizierte. Als die Zuschauer auf das Spielfeld stürmten und Tony Cascarino, Irlands 37-jährigen Veteranen, vermöbelten, brach Star TV die Übertragung ab – und die irische Regierung angeblich die diplomatischen Beziehungen zur Türkei.
Ralf Sotscheck
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