Preisverleihung beim Filmfest in Cannes: Goldene Palme für Jafar Panahi
Der iranische Regisseur erhält die größte Auszeichnung für „Ein einfacher Unfall“. Die Berliner Regisseurin Mascha Schilinski bekommt den Preis der Jury.
Die Berliner Regisseurin und Drehbuchautorin Mascha Schilinski war zuvor für ihren Film „In die Sonne schauen“ (Sound of Falling) mit dem Preis der Jury ausgezeichnet worden. Es ist das erste Mal seit über 40 Jahren, dass eine deutsche Regiearbeiteinen einen der vier Hauptpreise gewonnen hat.
Inspiriert von eigenen Haftaufenthalten
Jafar Panahis „Ein einfacher Unfall“ handelt von fünf ehemaligen politischen Gefangenen, die ihrem mutmaßlichen Folterer begegnen. Für seinen Film ließ sich der 64-jährige Panahi von seinen eigenen Haftaufenthalten im Iran inspirieren.
Panahi war es zum ersten Mal seit 15 Jahren gelungen, persönlich in Cannes zu erscheinen. Die iranischen Behörden hatten ihm lange die Ausreise aus dem Land verweigert. Zudem musste er 2022 eine Haftstrafe antreten, wurde im Jahr danach aber auf Kaution wieder freigelassen. Panahi hatte 2015 mit „Taxi Teheran“ den Goldenen Bären der Berlinale gewonnen. 2018 erhielt er bei den Filmfestspielen von Cannes den Preis für das beste Drehbuch für „Drei Gesichter“.
„Ein einfacher Unfall“ wurde von Panahi wie ein Thriller inszeniert. Die Frage, was man als Zivilist mit einem Schergen des Regimes tut, wenn man ihn in die Finger bekommt, geht er sehr direkt an. Und das so, dass man von dieser Direktheit ziemlich angefasst ist.
„In die Sonne schauen“ erzählt die Lebensgeschichten von vier Frauen
Der Film „In die Sonne schauen“ von Mascha Schilinski wurde bei den Filmfestspielen von den Kritikern gefeiert. „Der Film zeigt uns, dass Kino sich immer noch neu erfinden kann“, schrieb „The Hollywood Reporter“.
„In die Sonne schauen“, der in Cannes unter dem internationalen Titel „Sound of Falling“ gezeigt wurde, hat eine eigene, recht anspruchsvolle Handschrift, der es weniger um Unterhaltung als um einen konzentrierten Dialog mit dem Publikum geht.
Der Film spielt auf einem abgelegenen Hof in der ostdeutschen Altmark, auf dem sich die Lebensgeschichten von vier Frauen verschiedener Generationen kreuzen. Sie rückt stets eine weibliche Figur ins Zentrum des Geschehens, lässt einige von ihnen aus dem Off über den rauen, von vielen Entbehrungen geprägten Alltag berichten.
Seltene Auszeichnung
Dass der Film aus Deutschland in Cannes den Wettbewerb eröffnet hatte, war schon ungewöhnlich. Auch Auszeichnungen für deutsche Regiearbeiten sind selten. Der Verleih Neue Visionen, der „In die Sonnen schauen“ in Deutschland in die Kinos bringt, sprach von einer Sensation, die ein historischer Moment für das deutsche Kino sei. Als bisher letzter deutscher Regisseur hat Wim Wenders die Goldene Palme gewonnen, 1984 für „Paris, Texas“ – in dem Jahr, in dem Mascha Schilinski geboren wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!