Präsidentschaftswahlen im Iran: Frauen an vorderster Front
Kandidieren dürfen Iranerinnen nicht. Doch zwei Ehefrauen von Amtsanwärtern mischen kräftig mit und fordern mehr Rechte.
BERLIN taz | Wer hätte sich bis vor kurzem vorstellen können, dass in der Islamischen Republik Iran beim Wahlkampf um das Amt des Präsidenten Frauen an vorderster Front stehen, sowohl thematisch als auch personell. Zwar hat der Wächterrat wie bei den letzten Präsidentschaftswahlen die Bewerbungen sämtlicher Frauen als "für das Amt nicht geeignet" zurückgewiesen. Doch das hindert die Frauen nicht daran, sich weit aktiver als je zuvor am Wahlkampf zu beteiligen, allen voran zwei Frauen, deren Männer als Kandidaten akzeptiert worden sind.
Zahra Rahnaward, Frau von Mir Hossein Mussavi, des wichtigsten Herausforderers des amtierenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, ist es innerhalb weniger Wochen gelungen, Hunderttausende, vor allem Frauen und Jugendliche, zugunsten ihres Mannes zu mobilisieren. Die 58-jährige Kunstprofessorin ist bei jeder Wahlveranstaltung ihres Mannes dabei. Hand in Hand betritt das Ehepaar die Bühne und nicht er, sondern sie hält zunächst eine flammende Rede. Zwar trägt sie einen schwarzen Schleier, zeigt aber demonstrativ das bunte Kleid, das sie darunter trägt.
Wie ihr Mann fordert sie einen politischen Wandel, sagt aber weit klarer und konkreter als er, was damit gemeint ist, am deutlichsten im Bezug auf Frauenpolitik. Die Benachteiligungen, die die Frauen auf allen Ebenen, in der Familie, beim Erbrecht, Sorgerecht, Scheidungsrecht, kurz durch das gesamte Rechtssystem hinnehmen müssen, seien mit den Grundsätzen des Islam unvereinbar, sagt sie. Daher müssten die Gesetze neu geschrieben und einer modernen Rechtssprechung, die auf Gleichberechtigung basiert, angepasst werden. Es sei nicht hinnehmbar, dass eine Frau für eine Reise ins Ausland oder eine Operation die Erlaubnis ihres Ehepartners einholen müsse. Es sei auch eine Anmaßung, wenn der Staat vorschreiben wolle, wie Frauen sich zu kleiden und welche Farben sie zu tragen hätten.
Es scheint, dass der Jahrzehnte lange und mühsame Kampf der Frauen im Iran allmählich Früchte trägt. Anders ist die Offenheit, mit der Rahnaward das männlich dominierte islamische Recht kritisiert und Gleichberechtigung verlangt, nicht zu erklären. Ihre Popularität steigt von Tag zu Tag, der Beifall, den ihr vor allem Jugendliche und Frauen spenden, wird immer lauter. Sollte Mussavi tatsächlich die Wahl gewinnen, wäre dieser Sieg zu einem nicht geringen Teil ihrem Einsatz zu verdanken.
Auch Fatemeh Karrubi, die Frau des Präsidentschaftskandidaten Mehdi Karrubi, gehört zu den aktivsten Unterstützerinnen ihres Mannes im Wahlkampf. Die 63-jährige war unter Präsident Mohammad Chatami Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales. Zurzeit ist sie Chefredakteurin der Zeitschrift Irandocht und Leiterin der "Versammlung islamischer Frauen". Auch sie kritisiert die Benachteiligung der Frauen. Sollte ihr Mann die Wahl gewinnen, werde er auch einige Frauen in sein Kabinett aufnehmen, sagte sie. Frauen bildeten die Hälfte der Gesellschaft und müssten entsprechend an der Staatsmacht beteiligt werden.
Genauso wie für die Rechte der Frauen treten Rahnaward und Karrubi auch für die Bürgerrechte ein. Alle Gesetze und Maßnahmen, die die Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse, der Publikation oder der künstlerischen Entfaltung einschränken, müssten aufgehoben werden, fordert Rahnaward, die selbst künstlerisch aktiv ist und zahlreiche Bücher publiziert hat.
Die auffällige Präsenz der beiden Frauen und zehntausende ihrer Anhängerinnen haben dazu geführt, dass auch die beiden anderen Kandidaten, Mohsen Resai und Mahmud Ahmadinedschad, sich öffentlich mit ihren Frauen zeigen. Masumeh Chadang, die Frau von Resai, begleitete ihren Mann auf seiner letzten Wahlkampftour in die Provinz und die Frau von Ahmadinedschad, Azam al Sadat Farahi, die in der vierjährigen Amtszeit des Präsidenten nur zweimal zu sehen war, durfte kürzlich an einer Wahlveranstaltung teilnehmen.
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