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Pozsgay soll Präsident werden

■ ZK nominiert Pozsgay für das neuzuschaffende Amt / Grosz verliert anscheinend Befugnisse / Punktsieg für Reformflügel / Nyers distanziert sich von der Diktatur des Proletariats

Budapest (ap) - Das Zentralkomitee der kommunistischen Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP) hat den Reformpolitiker Imre Pozsgay zum Kandidaten für das Amt des Präsidenten nominiert, das es bisher in Ungarn noch nicht gibt. In einem von der Nachrichtenagentur 'mti‘ verbreiteten Kommunique über die zweitägige ZK-Krisensitzung am Wochenende hieß es, für den Fall, daß das Parlament das Gesetz über die Einführung dieses Amtes verabschiede, sei Pozsgay der Kandidat der Partei.

Der Reformflügel hat allem Anschein nach auf der ZK-Tagung einen Punktsieg über die konservativen Kräfte errungen. Es wurde als Zwischenlösung bis zum Parteitag am 7. Oktober ein neues Führungsquartett der Partei gebildet, in dem Generalsekretär Karoly Grosz führende Reformpolitiker zur Seite gestellt wurden. Das ZK-Kommunique und Äußerungen des neuen Gremiums ließen darauf schließen, daß Grosz geringere Befugnisse hat als bisher. Dem neugeschaffenen Parteipräsidium gehören neben Grosz Pozsgay und Reszö Nyers

-beide sind Staatsminister - sowie Ministerpräsident Miklos Nemeth. Auf Empfehlung des Führungsquartetts erweiterte das Politbüro von neun auf 21 Mitglieder erweitert und benannte es in Politischen Lenkungsausschuß um.

Der Vorsitzende des neuen ungarischen Parteipräsidiums, Rezsö Nyers, leitet die Sitzungen des Politischen Lenkungsausschusses und es ZKs. Nyers hat der „Diktatur des Proletariats“ eine klare Absage erteilt. Die größte Gefahr drohe der Partei heute von jenen, die immer noch für die Alleinherrschaft der kommunistischen Partei und die Methoden einer „Diktatur des Proletariats“ einträten, sagte Nyers am Sonntag abend im ungarischen Fernsehen bei einer Diskussion, in der sich das neugeschaffene vierköpfige Parteipräsidium vorstellte.

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