: Postmoderner Don Quijote ...?
■ betr.: "Ich lass' mir nicht Benno Ohnesorg einkassieren" (Wieder Enthüllungen im Berliner Gedenktafelprogramm), taz vom 8.9.90
betr.: »Ich lass' mir nicht Benno Ohnesorg einkassieren« (Wieder Enthüllungen im Berliner Gedenktafelprogramm), taz vom 8.9.90
[...] Als ich las, was ich so alles gesagt haben soll, dacht' ich, mir fällt 'ne Gedenktafel auf den Kopf, sah ich mich schon als postmoderner Don Quijote, als die Berliner Antwort auf Dr. Jekyll und Mr. Hyde (der tagsüber Gedenktafeln anbringt und nächtens ...) in die Geschichte eingehen.
Beginnen wir mit dem Schluß. Hedwig Courths-Mahler und Walter Benjamin passen sehr gut zusammen. Was nicht zusammenpaßt (meiner Meinung nach — was ich auch als Beispiel angab) sind Paul Grunwald (Maler) und Gustav Landauer (Literat und libertärer Politiker); aber wenn man mit beiden Namen nichts anfangen kann, dann müssen halt eben ein paar andere her.
Kommen wir nun zu meiner Hybris. Es stimmt, nach mir bin ich der größte, schönste, klügste etc., aber im Programm »Berliner Gedenktafel« bin ich der Kleinste der Kleinen, sozusagen der Tuberkel. Die Entscheidung darüber, was dem Beirat des Gedenktafelprogramms zur Beurteilung vorgelegt wird oder was nach Begutachtung durch den Beirat dann angebracht wird, liegt nicht bei mir. Nicht ich wollte eine Flut von Tafeln für Widerstandskämpfer vermeiden, sondern der Wissenschaftliche Beirat gab zu bedenken, daß Berlin in erster Linie nicht die Hauptstadt des Widerstands gewesen sei, sondern die Hauptstadt des Terrors. Dies haben wir in Charlottenburg berücksichtigt und den Widerstand nicht ausgeklammert, sondern auf seinen historischen Stellenwert zurückgeschraubt.
Und nun zum reißerischen Aufmacher »Ich lass' mir nicht Benno Ohnesorg einkassieren«. Hier wird der Eindruck erweckt, als hätte ich irgendein Anrecht auf Benno Ohnesorg, sei ich, wenn schon nicht sein Nachlaßverwalter, so doch der Wurmfortsatz der Studentenbewegung. Nichts wäre falscher / ist falscher. Benno Ohnesorg war nie ein Vorschlag im Programm »Berliner Gedenktafel«. Schon aus diesem Grunde war ich nicht mit ihm befaßt, hab' ich mich nicht dagegen gewehrt. Benno Ohnesorg diente mir in dem Gespräch nur als Beispiel für ein Ereignis (seine Erschießung durch einen Berliner Polizisten), das sich nicht durch eine »Berliner Gedenktafel« darstellen/vermitteln läßt, sondern das nach einer anderen Form verlangt, die jetzt durch die Initiative Mahnmal Benno Ohnesorg gefunden wurde.
Kurz und krumm: Es hätte journalistischer Sorgfaltspflicht entsprochen, mich vor Veröffentlichung zu fragen, ob ich richtig zitiert sei. Dies hätte mir 'ne Stunde mehr Freizeit gebracht und weniger Ärger. Hermann-Josef Fohsel, Berlin 21
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen