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Post schränkt Leistungen einBriefe fallen ins Sommerloch

Die Deutsche Post hat zugegeben, in den Sommermonaten sonntags keine überregionalen Sendungen mehr zu sortieren. Das Versprechen, über Nacht zuzustellen, wird so zur Farce.

Die Post steht still - zumindest an den Sonntagen. Bild: dpa

KÖLN taz | Wer sich in den vergangenen Wochen gewundert hat, dass immer montags im Briefkasten gähnende Leere herrschte, bekommt jetzt die Erklärung. Still und leise hat die Deutsche Post ihre Briefzustellung reduziert. Derzeit wird in vielen Briefzentren sonntags nur noch die regionale Post sortiert, die überregionale bleibt liegen - und kommt deshalb erst mit einem Tag Verspätung bei den Adressaten an. "Wir machen das jetzt seit fast zwei Monaten, und die Kunden haben nichts bemerkt", sagte ein Post-Sprecher.

Zur Begründung gab der Bonner Konzern an, dass im Juli und August etwa 20 Prozent weniger Briefe als sonst verschickt werden, weil viele Firmen in Ferien seien. Daher seien kostensenkende Maßnahmen ergriffen worden. Dazu gehöre auch, dass in 15 der bundesweit 82 Briefzentren montags eine Schicht ausfällt. Außerdem wurden Zustellbezirke zusammengelegt. In den rund 53.000 Bezirken muss rund ein Drittel der Briefträger auch Nachbarbezirke beliefern. Das ermögliche den Abbau von Überstunden und Urlaubsansprüchen. Nicht ausschließen wollte der Sprecher, dass die Sparmaßnahmen auch auf andere Monate ausgedehnt werden könnten. Darüber werde in den kommenden Wochen entschieden.

Damit bestätigte die Post Vorwürfe des Postkundenforums. Nach eigenen Angaben erhielt die verbrauchernahe Vereinigung in den vergangenen Wochen zunehmend Beschwerden über die ausbleibende Postzustellung an Montagen. "Dass die Deutsche Post DHL in vielen Zustellbezirken die Zustellung an einem Tag in der Woche ganz ausfallen lässt und gleichzeitig eine Mehrwertsteuerbefreiung für die Erbringung des Universaldienstes für sich in Anspruch nimmt, ist nicht akzeptabel", sagte der Vorsitzende des Postkundenforums, Elmar Müller. Er forderte die Bundesnetzagentur auf zu prüfen, ob der Universaldienst noch flächendeckend erbracht werde. Um als Universaldienstleister zu gelten, muss die Deutsche Post im Jahres- und Bundesdurchschnitt 80 Prozent der Briefsendungen einen Werktag nach Abgabe zustellen.

Scharfe Kritik kommt auch von der Linkspartei. Dass Briefe seltener zugestellt und Filialen geschlossen werden, sei "ein fatales Ergebnis der Post-Privatisierung vor mehr als zehn Jahren", sagte die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann. "Obwohl das Postgeschäft profitabel ist, werden Leistungen eingeschränkt, nur um die Rendite zu erhöhen." Im ersten Halbjahr betrug das operative Ergebnis (Ebit) der Post im Briefbereich 557 Millionen Euro.

Die eingeschränkte Briefzustellung ist offenbar Bestandteil eines umfassenden Maßnahmenpakets, mit dem die Post ihre Kosten senken will. So kündigte das Unternehmen vor wenigen Tagen an, sich bis Ende 2011 auch noch von den letzten von ihr selbst betriebenen Filialen trennen zu wollen. Von ehemals rund 12.000 eigenen Standorten laufen derzeit bundesweit noch 475 unter Regie der Post.

Wie das Handelsblatt berichtet, plant die Post außerdem, neuen Mitarbeitern in der Briefsparte nur noch den Mindestlohn zu bezahlen. Dieser liegt bei 9 Euro im Osten und 9,80 Euro im Westen für Zusteller sowie 8 beziehungsweise 8,40 Euro die Stunde für sonstige Beschäftigte. Bislang zahlt die Post Einstiegslöhne von bis zu knapp 11 Euro einheitlich für Ost- und Westdeutschland. Nach dem Willen von Post-Chef Frank Appel soll auch die wöchentliche Arbeitszeit ohne Lohnausgleich von derzeit 38,5 Stunden auf 40 Stunden erhöht und die tariflich vereinbarte Lohnerhöhung zum 1. Dezember verschoben werden.

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14 Kommentare

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  • A
    Axel

    Hemmungslose Profitmaximierung

     

    "Dass Briefe seltener zugestellt und Filialen geschlossen werden, ist ein fatales Ergebnis der Post-Privatisierung vor mehr als zehn Jahren", sagt Sabine Zimmermann, Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE. "Obwohl das Postgeschäft profitabel ist, werden Leistungen eingeschränkt, nur um die Rendite zu erhöhen. DIE LINKE fordert: Gute Post statt Profite. Die Politik muss jetzt prüfen, wie die Privatisierung der Post rückgängig gemacht werden kann....

    Statt für eine bürgernahe Post zu sorgen, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anständig bezahlt werden, haben Union und SPD den Aufstieg der Deutschen Post AG zum Global Player gefördert."

     

    Daas Briefgeschäft der Deutschen Post hat im ersten Halbjahr 2009 trotz Krise einen Gewinn von 557 Millionen Euro erzielt, was einer Rendite von gut 8 Prozent entspricht.

     

    siehe:

    http://linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1219351886

  • BB
    Bodo Bender

    Ich kenne noch Zeiten (nach dem Krieg), da kam die Post 3 Mal am Tage, dann 2 Mal, dann 1 Mal. In Zukunft werden wir uns darauf einstellen müssen, dass sie alle 2 Tage kommt. Oder 1 Mal die Woche. Der Service wird eben "ausgedünnt". Bei den Postämtern kennen wir das schon. So dünn, dass es in Zukunft keine mehr geben wird. Nur private Poststellen, betrieben von armen ausgebeuteten Schluckern, die neben Schuhe besohlen und Schlüssel feilen sich ein paar Euro dazu verdienen, bei denen man nicht einmal mehr nachzufragen wagt, ob überhaupt bzw. wann denn die eingelieferte Post abgeholt wird - vom Postgeheimnis ganz zu schweigen. Profitmaximierung zulasten der Nutzer / Verbraucher. Der Niedergang der Berliner S-Bahn nur als prominentestes Beispiel. Die Hinterlassenschaft der Mehdorns, Zumwinckels & Co mit zig-Millionen Versorgungen.

  • M
    Marc

    Ich schließe mich Josch an. Die Verlage sollte mehr Druck auf die Post ausüben und sonst auf andere Zustellfirmen ausweichen.

     

    @Falk:

    Es soll eine Reihe von TAZ-Kunden geben, die Ihre Zeitung per Post erhalten.

    Ich kaufe wieder am Bahnhof. Im Abo bekam ich an Spitzentagen gleich 3 TAZ, weil sich so lange kein Postbote bei mir blicken lassen hat...

  • OO
    Oliver O.

    Ach göttle, das ist doch zwangsläufig - ein Manager nennt das dann Gewinnmaximierung. Ist doch ganz einfach. Pakete benötigen mittlerweise auch drei Tage - daran hat sich der Kunde schon längst gewöhnt.

     

    Schade nur das es keine Alternative gibt. Denn der Götterbote benötigt i.d.R. mindestens vier Tage...

  • T
    tee

    es gibt leider bezirke in deutschland, da wird die taz gepostet. wiesbaden zum bleistift.

     

    wiesbadner, abonniert mehr tazen, damit sie endlich nicht mehr per post am abend kommt, sondern früh im kasten is, wie es sich für tageszeitungen gehört.

     

    und joel: ja, klasse post. spart grad mal ein bissel am service ein, wird aber nächsten monat bestimmt wieder zurückgenommen. versprochen...

    die bahn fährt, weils grad schlecht geht, auch ein paar bahnhöfe nicht an, sobald aber wieder mehr los is, wirds bestimmt wieder besser.

    und die kürzungen am gehalt meiner kollegen werden sicher auch nach der wirtschaftskriese wieder zurückgenommen!

     

    irgendwann werden alle zugeständnisse, die wir aus bequemheit hinnehmen zur gewohnheit und dann wars das.

    habediere!

  • AA
    Abonnent aus NRW

    An Falk:

     

    Wir bekommen unsere TAZ mit der Post, da es hier keinen Zustelldienst gibt.

    Und die TAZ von Montag erst am Dienstag?

    Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.

  • T
    Tagedieb

    "Bei uns gibt es eine leicht angestiegene Zahl von Beschwerden über die Postzustellung", sagte eine Sprecherin dem Blatt.

     

    Was bei dem Zitat der Sprecherin der bundesnetzagentur vergessen wurde: "Aber solange die Post noch mehr als 80% der aufgegebenen Postsendungen am nächsten Tag abliefere, müsse die Bundesnetzagentur nichts unternehmen."

     

    Da werden also bei der Post wieder Betriebswirte angefangen haben zu rechnen, an welchem Tag man am einfachsten auf die Postzustellung verzichten könne, um die 80% nicht zu unterschreiten.

     

    Die Bundesnetzagentur scheint überflüssig zu sein, denn sie hat anscheinend nicht verstanden, dass eine schnelle und zügige Postzustellung auch ein wichtiger infrastruktureller Faktor für die hiesige Wirtschaft ist. Und was soll die eigentlich genau regulieren, außer die eigene Nutzlosigkeit?

     

    Wobei, die meisten Unternehmen trauen doch der Post (oder anderen Postdienstleistern) bezüglich ihrer Zusage nicht mehr, die Post am folgenden Tag abzuliefern. Stattdessen greifen sie auf Expresszulieferer zurück, die dann aber deutlich teuerer sind.

  • J
    Joel

    Die Privatisierung war richtig. Wohl auch, wenn nicht jede in jedem Bereich. Nur weil die Post mal 1-2 Tage länger braucht, aufgrund von Sparprogrammen in der Urlaubszeit..Fangen Menschen an, am Rad zu drehen. Wichtige Gesellschaftliche Themen, eigene Probleme bleiben unbedacht, weil Wir uns immer mehr mit Problemen auseinandersetzen, welche banal und unwesentlich sind. Wir sollten Froh sein, das alles so ist, wie es ist´. Zuviele Verkennen, die gute Situation in Deutschland mit der in anderen Breitengraden.

     

    Augen Auf, Deutschland.

  • F
    Falk

    Die taz wird aber nicht von der Deutschen Post ausgetragen, sondern von lokalen Zustellagenturen. Du solltest also deine Zeitung eigentlich auch am Montag bekommen.

  • F
    FMH

    ...und diese vermaledeiten Partnerfilialen haben dazu geführt, dass ich mir wegen der unglaublichen Öffnungszeiten einen Tag frei nehmen muss, wenn ein Paket für mich dort liegt.

  • WG
    Wolfgan Groß

    Toll! Ich liebe die Privatisierung der mit Steuergeld aufgebauten Errungenschaften unseres Gemeinwesens. Man kann einfach nichts gegen daraus resultierenden "besseren Leistungen und geringeren Kosten" sagen.

     

    Ich freue mich schon auf den Tag wenn die Bundesregierung endlich meistbietend an eine internationale Großkanzlei verkauft wird. Bei einzelnen Gesetzesvorhaben funktioniert das ja auch schon.

     

    P.S: Wer in diesem Posting Ironie findet, darf sie behalten und wiederverwenden.

  • J
    Josch

    Moin!

     

    Das hat übrigens zur Folge, dass ich schon ein zwei Mal die Montags-taz mit der taz für den Dienstag erhalten hatte. Vielleicht sollte nicht nur von Kunden mehr Druck aufgebaut werden, sondern auch von den Verlagshäusern. Schließlich gibt es da Auftragskonditionen die zu erfüllen sind!

     

    Josch.

  • G
    Georg

    Unsere Post, die uns von Bankstern geraubt wurde ist halt nun auf Profit getrimmt...

  • S
    Steffen

    Freunde der Sonne, ich muss euch sagen das Schwarz-Gelb in diesen Zeiten in vielerlei Hinsicht für schlechtes in der ganzen Republik steht. Das zusammenlegen der Bezirke artet zunehmend in ein exorbitantes Arbeitspensum für die Postboten aus. Ich unterhielt mich bereits vor einiger Zeit mit nem Freund, über die ausfallenden Montagszustellungen. Das Outsourcing und die vermehrten Einsparungen sind die Spätfolgen einer Privatisierung wie man sie schon vielerorts erlebt. Nur dumm ist der, der hofft das dies die letzten Folgen sind.