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Post aus der Moderne

Paris (4.April 1791, Journal der Moden und des Luxus) - Seit zwölf Tagen ist Paris von den Extremen zweyer ganz entgegengesetzter Gefühle überströhmt worden, aber ich bin gewiß, daß es in beyde ganz mit Leib und Seele versunken, und sowohl sein Taumel der Freude am Wiedergenehsungs-Feste des Königs, am 20.März, in welchem es in der Kirche Notre Dame das famose „ca ira, ah ca ira“ und „O_u peut on etre mieux“ im vollen Chorus sang, und die Orgel dazu verspielte; so wie sein lauter Schmerz, als es am 2ten dieses, an Mirabeaus Todestage, vor seinem Hause lag und weinte,

wahr und aufrichtig war. Das letzte traurige Gefühl ist geblieben und wird gewiß auch lange herrschen. Das Verboth des Waffentragens, das ich ihnen neulich meldete, ist von der Munizipalität wieder aufgehoben worden, und alle unsere Galanterie-Buden führen jetzt, neben Flacons und Bonbonnieren, auch Dolche und Sackpistolen. Das Ende aller Klostertrachten ist da; man sieht hier fast keinen einzigen Mönch mehr; alle tragen schon Engl. Fracks und steife Zöpfe; und wie ich höre, sind im Departement des Niederrheins schon wirklich alle Kloster und geistlichen Ordens-Trachten verbothen. 14.GERMINAL

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