Post-Kyoto-Abkommen nicht in Sicht: Merkel fliegt nach Kopenhagen
Die Kanzlerin will an der UN-Klimakonferenz teilnehmen – angeblich "um zu retten, was noch zu retten ist". Nach 2012 gäbe es kein völkerrechtlich verbindliches Klima-Abkommen mehr.
BERLIN taz | Das Hotelzimmer hat Angela Merkel (CDU) schon seit längerem in Kopenhagen reserviert, nun soll sie es auch beziehen: Die Bundeskanzlerin will zum Weltklimagipfel fliegen, der vom 7. bis zum 18. Dezember in der dänischen Hauptstadt stattfindet. Am Montag sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans: "Wie es jetzt aussieht, wird sie nach Kopenhagen fahren." Die letzten zwei Tage.
Merkel will offenbar retten, was noch zu retten ist. 2012 läuft das Klimaschutzabkommen von Kioto aus. Danach gibt es keinen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag mehr, um Treibhausgase zu mindern. In Kopenhagen geht es um die Anschlussregelung. Doch bisher lassen sich nur wenige Staaten darauf ein. Merkel hatte vor einer Woche in ihrer ersten Regierungserklärung als Kanzlerin der schwarz-gelben Koalition gesagt: "Wenn es Erfolg hat, werde ich nach Kopenhagen fahren." Nun fährt sie.
Glaubt sie an einen Durchbruch in Kopenhagen? Nicht so direkt, erklärte Sprecher Steegmans, sie wolle aber helfen, "einen wichtigen Schritt hin zu einem verbindlichen Abkommen" zu machen. Merkel werde darauf achten und sich mit ihren europäischen Partnern abstimmen: "Niemand kann sich aus der Verantwortung stehlen."
Wie schwer sich die Staaten tun, zeigte sich allerdings erst am Wochenende wieder beim Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforum. Die Teilnehmer strichen eine geplante Passage im Abschlussdokument: Sie wollten sich nicht auf das Versprechen festlegen, die Treibhausgase bis 2050 um die Hälfte zu mindern.
Der Gastgeber des Weltklimagipfels, Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen, brachte sodann einen Plan B ins Spiel. Er stellt ein "Zwei-Schritte-Programm" in Aussicht. In Kopenhagen werde es einen "politischen Text von, sagen wir, fünf bis acht Seiten" geben. Darin: Vorgaben zur Verringerung der Klimagase einzelner Länder und zur Finanzierung von Anpassungen an steigende Temperaturen. Zudem eine Frist - für den zweiten Schritt, mit dem der völkerrechtlich bindende Vertrag ausgehandelt werden soll.
Zwei Tage lang, bis zum heutigen Dienstag, treffen sich die Umweltminister aus 40 Ländern nochmal zu Vorgesprächen, darunter auch der deutsche Norbert Röttgen (CDU). Sein oberster Berater, der Chef des Umweltbundesamts Jochen Flasbarth, fordert: "Die Regierungen sollten mit dem festen Willen nach Kopenhagen gehen, die Konferenz zum Erfolg zu machen." Bis zum letzten Tag des Gipfels gebe es die Chance, den neuen Klimavertrag auf den Weg zu bringen. Das sieht Tobias Münchmeyer von Greenpeace ähnlich. Er meint: "Gut, dass Merkel jetzt ihr Gewicht in die Waagschale wirft".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken