Post-Konkurrenz: Die Gegengewerkschaftler
Die Postkonkurrenten setzen auf eigene Gewerkschaft und wollen mit einem neuen Tarifvertrag den Mindestlohn kippen. Die Chancen sind gering.
Die Konkurrenten der Deutschen Post AG und Mindestlohn-Gegner erhalten Verstärkung: Bei den privaten Briefzustellern hat sich eine neue Gewerkschaft gegründet. Diese will sich offenbar für einen neuen Tarifvertrag mit niedrigeren Mindestlöhnen einsetzen - und damit den bereits existierenden Vertrag zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und dem Arbeitgeberverband Postdienste unterlaufen.
Die privaten Briefzusteller haben erklärt, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber der Deutschen Post wären, wenn sie den Mindestlohn zahlen müssten. Sie würden dann massiv Stellen abbauen.
Florian Gerster, der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes der Postkonkurrenten, begrüßte die Neugründung. Er ließ aber offen, ob bis Jahresende zwei konkurrierende Tarifverträge vorliegen könnten.
Die Gewerkschaft Ver.di dagegen zeigte sich weniger erfreut. Sie vermutet die Interessen der Arbeitgebervertreter hinter der neuen Konkurrenz. "Wir halten die Gründung für fragwürdig", sagte ein Ver.di-Sprecher der taz. "So, wie Herr Gerster die Gewerkschaft propagiert, stehen da offenbar der Wunsch und Wille der Arbeitgebervertreter dahinter." Die neue Gewerkschaft sei ein "ein großer Luftballon, die am Fortlauf der Dinge nichts ändern" werde. Die mit Ver.di kooperierende Kommunikationsgewerkschaft DPV spricht von einer "arbeitgebernahen Pseudogewerkschaft".
Eine Internetseite hat die neue "Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste e. V." aus Köln schon, deren Namen eng an den des "Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste" angelehnt scheint. Aber noch fehlen Ansprechpartner und Telefonnummer. Dafür gibt es online ein vierseitiges Thesenpapier, in dem gegen die "Post-Monopolabsicherung" und "staatlich verordnete Zwangslöhne" gewettert wird.
Tatsächlich ist fraglich, wie weit die neue Gewerkschaft das Gesetzgebungsverfahren noch beeinflussen kann. Am heutigen Freitag entscheidet der Bundesrat über eine Aufnahme der Mindestlöhne ins Entsendegesetz, eine Mehrheit dafür gilt als wahrscheinlich. Bislang wollen sich nur Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg bei der Abstimmung enthalten. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) bekräftigte bei seiner Regierungserklärung im Bundestag noch einmal die Absicht, den Mindestlohn bis zum Jahresanfang 2008 umzusetzen.
Als größter Streitpunkt gilt bis dahin die Allgemeingültigkeit des bereits ausgehandelten Tarifvertrags. Der Bundestag soll darüber im November verhandeln. Der Tarifvertrag gilt nur als rechtmäßig, wenn darin mehr als die Hälfte der Beschäftigten erfasst wird. Die Deutsche Post AG und Ver.di beanspruchen genau das für den Tarifvertrag, der Mindestlöhne zwischen 8 und 9,80 Euro für alle Beschäftigten vorsieht. Unterstützt werden sie dabei von einem neuen Gutachten des Instituts für Sozialrecht Köln, das die Rechtmäßigkeit des Tarifvertrags bestätigt. Autor Stefan Greiner bestätigte der taz, dass ein zweiter Konkurrenz-Tarifvertrag der neuen Gewerkschaft die Allgemeingültigkeit des bereits bestehenden Tarifvertrags rechtlich nicht in Frage stellen würde.
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