Portrait: Adlige Gegenkraft bei New Labour

Harriet Harman ist neue Vizeparteiführerin der britischen Labour Party. "Zu links" für Gordon Brown.

Harriet Harman, neue Vizeparteiführerin der Labour Party. Bild: dpa

Sie war die große Außenseiterin. Doch am Sonntag gewann Harriet Harman die Wahl zur Vizeparteiführerin der britischen Labour Party mit hauchdünnem Vorsprung vor dem favorisierten Bildungsminister Alan Johnson. Sie wird Nachfolgerin von John Prescott, der auch stellvertretender Premier war. Diesen Posten wird ihr der neue Ministerpräsident Gordon Brown aber nicht gönnen. Dafür ist sie zu links. Stattdessen wird er sie heute mit dem politisch bedeutungslosen Parteivorsitz abspeisen.

Das Wahlgremium bestand zu je einem Drittel aus Abgeordneten, Parteimitgliedern und Gewerkschaftern. Es waren die Parteimitglieder, die den Ausschlag für Harman gaben. Offenbar kam ihre Ablehnung des neuen Atomwaffenprogramms sowie neuer AKW bei ihnen gut an. Außerdem hatte sie die Regierung im Wahlkampf aufgefordert, sich für den Irakkrieg zu entschuldigen. Nach ihrer Wahl machte sie aber einen Rückzieher. Sie habe nie eine Entschuldigung gefordert, behauptete Harman. Sie habe nur gesagt, sie wünsche, sie hätte gegen den Krieg gestimmt. Der linke Parteiflügel, dem sie zugerechnet wird, warf ihr Heuchelei vor. Man sei entweder für den Krieg oder gegen ihn, sagte einer: "Sie hat zwischen dem Wahlkampf am Sonntagmorgen und ihrer Wahl am Sonntagabend erstaunlich rapide ihre Meinung geändert."

Die 57-Jährige ist die Nichte eines Grafen und besuchte die vornehme St.-Pauls-Mädchenschule in London. Nachdem sie ihr Jura-Studium in New York abgeschlossen hatte, arbeitete sie wenig standesgemäß zunächst in einem Rechtshilfeprojekt in Brent und später im Nationalen Rat für Bürgerrechte. Bei der Kampagne für das streikende Reinigungspersonal im Unterhaus lernte sie ihren späteren Mann Jack Dromey kennen, der heute Schatzmeister der Labour Party und Vizegeneralsekretär der Transportarbeitergewerkschaft ist.

Als sie 1982 ins Unterhaus gewählt wurde, war sie eine von zehn weiblichen Labour-Abgeordneten. Nach dem Wahlsieg 1997 wurde sie Ministerin für Sozialhilfe. In dieser Funktion musste sie auf Anordnung des damaligen Schatzkanzlers Brown die Zuwendungen für alleinerziehende Eltern kürzen. Dadurch wurde sie so unpopulär, dass Blair sie ein Jahr später aus dem Kabinett warf. Sie arbeitete sogleich an ihrem Wiederaufstieg, stimmte stets mit der Regierung und kehrte 2001 als zweite Kronanwältin ins Kabinett zurück.

Brown ist nicht unglücklich über Harmans Wahl. Sie ist sein Gegengewicht. Anders als er ist sie eher eine Frohnatur. Und als Frau und Linke mit adeligem Stammbaum kann Harman Wählerschichten erreichen, bei denen Brown keine Chance hat.

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