Portrait: Ein Wadenbeißer und Luftfahrtlobbyist
■ Erich Riedl weiß nicht, wofür er Prügel kriegt/ Er tat doch nur seine selbstverständliche Pflicht
Erich Riedl hatte keine Bedenken. Offiziell zuständig für die Koordination der Luft- und Raumfahrtindustrie als parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, tat er das, was er für seine selbstverständliche Pflicht hielt. Er übernahm die Schirmherrschaft für die V2-Feier in Peenemünde. Schließlich war die „Rakete Hitlers“ zweifellos eine technische Glanzleistung der damaligen Luftfahrtindustrie. Nun prügeln plötzlich alle auf ihn ein.
Das versteht Erich Riedl gar nicht, hat er doch nur das getan, was seit 1987 als Staatssekretär sein Auftrag ist: Lobbyarbeit für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Sache mit Peenemünde hatte wohl in seinen Augen nur einen Schönheitsfehler: Die Pioniertat wurde im hohen Norden und nicht in Bayern vollbracht.
Erich Riedl kommt aus Bayern, liebt Bayern und sieht aus wie Bayern. Wenn man in Bayern was werden will, geht man in die CSU. So auch Erich Riedl, der nach abgeschlossener Ausbildung bei der Post und einem Studium der Betriebswirtschaft zielstrebig die Ochsentour in der Partei begann. Nach nur vier Jahren durfte er sich bereits um ein Bundestagsmandat in einem Münchener Wahlkreis schlagen. Über die Referentenschiene kam er nach Bonn, und 1969 hatt er sich dortselbst als ordentlicher Abgeordneter plaziert. Riedl gilt als Wadenbeißer, der immer mal wieder für starke Sprüche gut ist. So forderte er im April, der Münchener Süden müsse „zur Asylantenfreien Zone“ erklärt werden.
Normalerweise ist Riedl aber mit seinem eigentlichen Auftrag ausgelastet. Der bedeutete im Frühjahr: Rettet den Jäger 90. Riedl kam schließlich auf ganz besonderen Wunsch von Franz Josef Strauß ins Wirtschaftsministerium mit der speziellen Aufgabe, die bayerische Schlüsselindustrie, die Waffenschmieden MBB und Kraus-Maffei und die Airbussubventionen zu retten und sprudeln zu lassen.
Seitdem ist Riedl überall dort präsent, wo es um die Interessen bayerischer Firmen und speziell der besonders teuren Luftfahrtindustrie geht, wobei es ihm persönlich völlig wurscht ist, ob es sich nun um militärische oder zivile Projekte handelt. Doch seit des Meisters Tod kommt auch Erich Riedl immer häufiger ins Trudeln. Erst gab es laufenden Ärger bei der Airbus-Subventionierung, bis der Flieger schließlich bei Daimler landete, und zuletzt mußte er eine herbe Niederlage in der Auseinandersetzung um den Jäger 90 hinnehmen. Selbst mit dem Drohpotential des größten deutschen Konzerns im Rücken gelang es ihm nicht, Verteidigungsminister Rühe davon zu überzeugen, ein in jeder Hinsicht überflüssiges Milliardengrab vollzuschütten.
Jetzt soll er auch noch zurücktreten. Dabei hat er den Job doch sowieso nur gemacht, weil FJS ihm versprochen hatte, daß er danach Postminister werden darf. Jürgen Gottschlich
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