piwik no script img

PorträtDer dritte Versuch

Das hat er aber wirklich schön gesagt: „Wir haben keinen Druck von außen, sondern Ehrgeiz von innen“, behauptet Andries Jonker. Genau für solche Sätze werden neue Trainer eingestellt. Der Niederländer hat den Deutsch-Franzosen Valérien Ismaël beim VfL Wolfsburg abgelöst, um ein schwaches Team wieder stark zu reden. Wenn Jonker darüber spricht, wie er die Wolfsburger vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga bewahren will, klingt er wie ein Mann von Welt. Wie einer, der genau weiß, was zu sagen und zu tun ist.

Der neue Trainer kennt sich in Wolfsburg bestens aus. Er war dort unter Felix Magath, Lorenz-Günther Köstner und Dieter Hecking schon Kotrainer. Dann lockte ihn die Stelle als Leiter der Nachwuchsakademie von Arsenal London. Vor einer Woche ging es im Hauruck-Verfahren zurück nach Niedersachsen – zu einem Verein, der sich ex­trem verändert hat.

Schon das neue Gebäude, in dem Jonker jetzt arbeitet, ist ihm fremd. Das pompöse VfL-Center neben dem Wolfsburger Stadion signalisiert erstklassige Bedingungen für erfolgreiche nachhaltige Arbeit. Gerade geht es hier aber darum, den Sturz des Vereins in die Zweitklassigkeit zu verhindern. Die Frage bleibt: Kann der Mann das wirklich?

Jonker ist, wo immer er im bezahlten Fußball gearbeitet hat, mit Lob bedacht worden. Er hat nicht nur Magath, sondern mit Louis van Gaal einem weiteren populären Übungsleiter beim FC Barcelona sowie dem FC Bayern München assistiert. Viel bessere Referenzen gibt es eigentlich nicht – wenn Jonker nicht meistens bloß Trainer in der zweiten Reihe gewesen wäre.

In Wolfsburg soll der 54-Jährige in zwei Bereichen glänzen, in denen er dummerweise am wenigsten Erfahrung hat. Er war in seiner Karriere mehrheitlich kein Cheftrainer. Und mit dem Kampf um den Klassenerhalt hat man bei den guten Adressen im Fußball auch selten zu tun.

Woher kommt dieser Glaube des VfL Wolfsburg, dass der dritte Cheftrainer in dieser Saison endlich der richtige ist? Mit Jonker hat der Verein das Gefühl, einen alten Bekannten mit gutem Auge für talentierte Nachwuchsspieler und einen ausgewiesenen Taktik-Experten für sich gewonnen zu haben.

Beim 1:1 gegen Mainz 05, dem Debüt Jonkers, war das taktische Grundgerüst des VfL gehörig verändert. Linksfuß Daniel Didavi sollte sich im rechten Mittelfeld beweisen. Bei Rechtsfuß Yunus Malli war es genau umgekehrt. Und Torjäger Mario Gomez, den Jonker aus seiner Zeit beim FC Bayern kennt, durfte sich auf seine Stärken in der Offensive konzentrieren – und traf. Wer mag, kann aus solchen Dingen den ersten Hauch von Veränderung und Verbesserung beim VfL Wolfsburg herauslesen. Christian Otto

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen