■ Porträt: Herta Däubler-Gmelin: Redlich und resigniert
Foto: Stefan Hunsch/retro
Berlin (taz) – Nach vielem Hin und Her ist es seit gestern klar: Herta Däubler-Gmelin wird von der SPD als neue Richterin für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorgeschlagen. Sie soll Nachfolgerin des scheidenden Vize-Präsidenten, Ernst Gottfried Mahrenholz werden. Strebsame Tüchtigkeit führt zum Ziel, könnte frau meinen. Denn wenn der heute 49jährigen eines bescheinigt werden kann, dann, daß sie sich im Politik-Geschäft stets redlich und zuverlässig bewährt hat: Egal, ob als Bundesvorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen“, oder an der Spitze der SPD- Frauen Baden-Württembergs, ob als Vorsitzende des parlamentarischen Rechtsausschusses oder als erste Frau an der Spitze der SPD. 1988 profitierte sie prompt vom SPD-Quotenbeschluß und stürmte unter Parteichef Hans Jochen Vogel das Amt der stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Partei.
Doch was stürmisch begann, scheiterte völlig unerwartet vor gut zwei Jahren. Als Lieblingskandidatin Vogels bewarb sie sich 1991 um dessen Nachfolge im Fraktionsvorsitz – und scheiterte. Damals galt für die Sozialdemokraten nicht, was jetzt für ihren Parteifreund Jürgen Schmude ausschlaggebend war, seine Kandidatur für das Richteramt in Karlsruhe zurückzuziehen: nach Schmude ist die Wahl einer Frau zur Verfassungsrichterin „ein geradezu notwendiger Beitrag zur Verwirklichung der Gleichberechtigung“. Unter genau umgekehrten Vorzeichen unterlag die Württembergerin im November 1991 dem damals weniger profilierten Hans-Ulrich Klose. Ihre manchmal etwas schrille, pointiert schwäbische Art mag zu der Niederlage beigetragen haben. Auch der Mangel an Charisma, den man ihr nachsagt. „Mit der Süddeutschen könnte uns ganz Norddeutschland wegkippen“, munkelte man in der Fraktion. Kloses zynisches Trostpflaster: Er verlieh Herta Däubler-Gmelin nach ihrer Wahl zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden die neue, hervorgehobene Stellung der „1. Stellvertretenden Vorsitzenden“. Für die Juristin, die darauf gesetzt hatte, als erste Frau den Sprung an die Spitze einer der großen Bundestagsfraktionen zu schaffen, eine Niederlage auf der ganzen Linie.
Und diese Niederlage scheint der in Tübingen aufgewachsenen Politikerin bis heute nachzuhängen. Früher hatte sie in ihrer Partei offensiv dafür gekämpft, als Politikerin unabhängig von ihrem Geschlecht anerkannt zu werden. Tapfer, aber extrem verunsichert, schlug sie sich zwar weiterhin in der Politik, doch das kämpferische Element verlor sie mehr und mehr. Bei den Gesprächen über die Ausgestaltung des Asylkompromisses zeigte sie sich unentschlossen und erntete prompt die Kritik ihrer Fraktion. Eine weitere Karriere in Bonn, das war klar, würde ihr versagt bleiben. Bevor frau sich aufreiben läßt, sollte sie andere Würden anstreben. Zum Beispiel Karlsruhe: künftig ein Gruppenbild mit drei Damen im männlich dominierten Verfassungsgericht? flo
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