■ Polnische Rechtsextremisten im Kloster von Auschwitz: Das faule Ei der Karmeliterinnen
Warschau (taz) – Rechtzeitig vor den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto waren sich katholische Kirche und Jüdischer Weltkongreß dann doch einig geworden: Die Karmeliterinnen, die in den Augen vieler Juden Auschwitz durch ihre Anwesenheit in einer ehemaligen Kaserne am Rand des Museumsgeländes christianisierten, würden ausziehen. Eine Entscheidung, die unter dem direkten Druck des Papstes in Rom zustande kam und mit der der Jüdische Weltkongreß die Sache als beendet ansah. Weit gefehlt, offiziell sind die Nonnen zwar ausgezogen, doch wer nach ihnen kam, dürfte nicht nur in jüdischen Augen wesentlich schlimmer sein: polnische Nationalisten der extremsten Sorte.
Im Ex-Kloster hat sich die „Vereinigung der Kriegsopfer“ unter ihrem Vorsitzenden Mieczyslaw Janosz eingenistet, nach Abschluß eines dreißigjährigen Mietvertrages mit dem Frauenorden. Dort soll nun ein „Archiv der polnischen Leiden“ entstehen, unter dem Patronat der „Kriegsopfer“, in dem die Leiden der Polen „unter allen totalitären Systemen nach 1939“ dokumentiert werden sollen.
Doch müßte sich Janosz in dem Museum eigentlich selbst ausstellen. Mieczyslaw Janosz ist einer jener fünf Janosz-Brüder, die Ende der siebziger Jahre im Auftrag des polnischen Geheimdienstes in Westeuropa zur Devisenbeschaffung Banküberfälle, Versicherungsbetrügereien, Einbrüche und selbst Morde verübten und ihre Beute mit Duldung der DDR nach Polen schafften. Erst unter der ersten nichtkommunistischen Regierung Mazowiecki 1990 kam der Skandal an die Öffentlichkeit. Doch da waren die Taten der Janosz-Brüder bereits verjährt.
Mieczyslaw Janosz, der über eine Anwaltslizenz verfügt und inzwischen in Südpolen einen florierenden, wenn auch nicht ganz legalen Schnapsgroßhandel aufgezogen hat, stieg in die Politik ein. Für Polen nicht untypisch, wurde aus dem Hätschelkind der Nomenklatura ein extremer Nationalist. 1991 flog er wegen einer antisemitischen Großveranstaltung in Bielsko-Biala aus der „Vereinigung der vom Dritten Reich geschädigten Polen“, der offiziellen Vereinigung polnischer Zwangsarbeiter. Janosz eröffnete daraufhin seinen eigenen „Verein der Kriegsopfer“, der gegen „fremde antipolnische Mächte, Freimaurer, Zionisten und Kosmopolitismus“ kämpft, eine bei Polens äußerster Rechter übliche Umschreibung für Antisemitismus.
Warum Janosz und sein dubioser Verein den katholischen Nonnen so sympathisch sind, dürfte in der Begründung für die Errichtung des Archivs an diesem Ort liegen. Jenes Archiv diene „der Verteidigung der Souveränität und des polnischen Charakters dieser Erde sowie der Ehre des bis heute betrogenen und unterdrückten polnischen Volkes, dem jede Möglichkeit der Selbstverteidigung und Entwicklung geraubt wurde“, so Janosz. Daß die Schwestern, von denen sich manche der Bitte des Papstes, umzuziehen, nicht untergeordnet haben, nicht wußten, mit wem sie es zu tun haben, ist auszuschließen, auch wenn die Oberin dies behauptet. Die politischen Sympathien des Frauenordens werden in der Mietsumme deutlich: Pro Jahr zahlt Janosz für das ganze Gebäude rund 600 DM.
„Anderswo könnte er dafür ein ähnliches Gebäude nicht einen Monat mieten“, sagt Marek Glowna, verantwortlicher Priester für das „Internationale Begegnungszentrum“, das allen zum Gebet für die Opfer des Vernichtungslagers offensteht. Den Mietvertrag hält er ohnehin für illegal, da die Stadt Oswiecim Eigentümerin des Geländes sei und deren Bürgermeister den Nonnen einen Tag vor Abschluß des Vertrags mit Janosz gekündigt habe. Klaus Bachmann
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