piwik no script img

Polizist schlug zu

■ Dieter B. verletzte im Dienst zwei Frauen /Urteil wurde in der Berufung abgemildert

“Dieter, hör auf, es ist genug“, habe einer seiner Kollegen von der Bahnhofswache gerufen, als dort ein Polizist auf zwei Frauen einschlug und eine von ihnen zu Boden ging. Diesen Tathergang vom April 1991 referierte der Richter Werner Oetken gestern im Landgericht. Das Urteil war schon im Dezember 1992 gesprochen worden: 8 Monate auf Bewährung wegen Körperverletzung im Amt. Doch der Polizist Dieter B. ging in die Berufung. Gestern schrumpfte das Strafmaß auf 6,5 Monate zusammen.

„Ich muß schon sagen, daß ich das bereut habe. Es hat mich schon berührt“, waren die wenigen Worte der Reue, die Dieter B. anführte. Sein Verteidiger erläuterte, daß Dieter B. ein Mensch sei, der seinen Gefühlen nicht so gut Ausdruck verleihen könne. Daher habe er bei der Verhandlung im Dezember '92 „so unberührt gewirkt“, was sich damals zu seinem Nachteil ausgewirkt habe.

Die zwei zusammengeschlagenen Frauen waren wegen Ladendiebstahls von der Bahnhofspolizei festgenommen worden. Dieter B. sollte sie zusammen mit seiner Kollegin Gerda D. dort abholen und in den Polizeigewahrsam bringen. Die beiden Frauen standen unter Drogen und gaben bei der Gerichtsverhandlung im Dezember zu, ausfallend und aggressiv gewesen zu sein. Dieter B. schlug und trat so massiv auf die beiden Frauen ein, daß ein Kripo-Beamter schockiert die Verletzungen fotografierte.

Die Staatsanwältin Best war der Meinung, daß der Angeklagte in der ersten Verhandlung genug Zeit gehabt hätte, sich zu erklären. „Man muß sich damit auseinandersetzen. Sie hätten zum Beispiel auch mit den Zeugen Kontakt aufnehmen können“, erläuterte sie. Bei einer Strafe zwischen 3 Monaten und dem Höchstmaß von 5 Jahren fand sie die Strafe für eine „verhältnismäßig schwere Körperverletzung“ angemessen. Der Anwalt der nichtanwesenden Zeugin ergänzte: „Es deutet nichts darauf hin, daß eine innere Einkehr oder eine Läuterung bei dem Angeklagten stattgefunden hat.“ Selbst zur Zahlung des Schmerzensgeldes habe man den Polizisten Dieter B. verklagen müssen. Die zweite Zeugin hat ihr Schmerzensgeld heute noch immer nicht erhalten.

Der Richter allerdings fand, „daß man ein gewisses Verständnis dafür haben kann, daß der Angeklagte ausgerastet ist“. Außerdem habe er sich ja entschuldigt. Es gab für Richter Werner Oetker keinen Anhaltspunkt, um „besonders auf den Angeklagten einzuwirken“. Vivianne Agena

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen