Polizeigewalt: Wer hat Angst vor einer Puerta del Alex?
Eine kleine Demokratiebewegung wird von der Polizei in Schach gehalten. Bei einer Aktion auf dem Alex kommt es zur Eskalation. Nun ermittelt das LKA - gegen einen Beamten.
"Empört Euch", lautet ein Slogan der jungen Demokratiebewegten, die seit über einer Woche auf dem Alex campen. Seit vergangenem Freitag haben sie noch mehr Grund zur Empörung: Mit teils rüden Methoden setzte die Polizei Platzverweise gegen die friedlich Demonstrierenden durch. Internetvideos zeigen, wie ein junger Mann von zwei Polizisten weggeschleppt wird. Ein dritter schlägt ihm, scheinbar ohne Not, in den Bauch. Das Landeskriminalamt hat ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet.
Daniel V. heißt der junge Mann, dessen Verletzungen man auch am Sonntag noch deutlich sieht. Von Anfang an war der 27-Jährige bei der Protestbewegung dabei, die - nach dem Vorbild der Puerta del Sol in Madrid - auf dem Alex campt und basisdemokratisch über Alternativen zum kapitalistischen System diskutieren will. Manchmal waren es 15 Leute, manchmal 50, mit Zelten und Isomatten. Am Freitag marschierten sie mit ihren Zelten vom Brandenburger Tor bis zum Alex. Dort eskalierte am Abend die Situation.
Als die Protestler auf dem Alex ankamen, erteilten und vollstreckten Polizisten Platzverweise. Er habe wohl im Weg gestanden, sagt Daniel V., ein ruhiger Typ mit Pferdeschwanz und roter Kapuzenjacke. Plötzlich habe er einen schmerzhaften Griff in den Kiefer gespürt und sich auf den Boden gekrümmt. Man habe seine Beine hochgezerrt, der Kopf sei aufs Pflaster geknallt. "Ich wollte keinen Widerstand leisten, ich war einfach panisch", sagt Daniel V. Die Polizisten hätten ihn gewürgt, einer habe ihn in den Bauch geschlagen. Er und sechs weitere Demonstrierende verbrachten Teile der Nacht auf der Polizeiwache.
Wütend sei er nicht, sagt Daniel V. Nur betroffen darüber, dass die andauernde Schikane der Polizei drohe, die Bewegung kaputt zu machen, bevor sie überhaupt eine Chance hat. Schon an den Tagen zuvor habe es immer wieder Verbote gegeben, erzählen seine MitstreiterInnen - gegen Zelte und Stühle, Übernachtung auf dem Platz und Schriftzüge auf dem Pflaster. Sogar zwei Bierkästen habe die Polizei beschlagnahmt, weil man sie als Sitzgelegenheit benutzte.
Am Sonntag sitzen Daniel V. und 30 andere trotzdem wieder auf dem Alex und hoffen, dass die Bewegung weiter wächst. "Wir brauchen einen Anwalt, der uns den Rücken freihält", sagt eine von ihnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen