: Polizeidirektor kritisiert Polizeieinsatz
■ Landespolizeidirektor Kittlaus wirft seinem Polizeipräsidenten, Schertz, Führungsschwäche vor/ Innensenator hat Diziplinarermittlungen eingeleitet/ Heftige Kritik von allen Parteien
Berlin. Die heftigste Kritik am 1.-Mai-Einsatz der Polizei kam in diesem Jahr aus der Polizei selbst. Während die im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien das Vorgehen der Ordnungskräfte lobten, warf Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus gegenüber der Illustrierten 'Super‘ dem Polizeipräsidenten Georg Schertz vor, die Gewalt in der Stadt zu verharmlosen und die Polizei falsch einzusetzen. Kittlaus' Resumee des 1. Mai: »Es war alles viel schlimmer.«
Die Präsidentenschelte zeigte Wirkung, wenn auch nicht die erhoffte. Die SPD sah den Behördenchef und den Innensenator brüskiert und forderte Heckelmann auf, Maßnahmen zu ergreifen. »Personelle beziehungsweise dienstrechtliche Konsequenzen«, so Fraktionssprecher Stadtmüller, seien unausweichlich.
Der Innensenator kam gestern der Aufforderung nach und kündigte eine disziplinarrechtliche Überprüfung an. Es ist das zweite Disziplinarverfahren gegen Kittlaus. Ein erstes war eingeleitet worden, nachdem im März bekannt wurde, daß er sich heimlich mit einem Stasi-Offizier getroffen hatte, der auf Schertz angesetzt gewesen war.
Heckelmann fand die Äußerungen des Landespolizeidirektors »absolut unverständlich« und mißbilligte dessen Verhalten. Kittlaus habe sich damit, so die Einschätzung von Innenstaatssekretär Armin Jäger, auch innerhalb der Polizei einen Bärendienst erwiesen. Dort ist man in der Tat nicht gut auf ihn zu sprechen. Kittlaus' Ausführungen, so Behördensprecher Eberhard Schultz, seien »eine Ebene, auf der wir uns nicht mehr äußern«. Auch die dem Polizeidirektor ansonsten wohlgesonnene CDU ging auf Distanz. Der sicherheitspolitische Sprecher der Partei, Dieter Hapel begrüßte die Disziplinarermittlungen, denn Kittlaus' Verhalten sei »ungehörig, weil von Eitelkeiten geprägt«.
Dieser könne, so befand der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen/ Bündnis 90, Wolfgang Wieland, das Intrigieren nicht lassen. Man solle ihm deutlich machen, daß er sich auf die Regierungskriminalität zu konzentrieren habe und auf nichts sonst. Kittlaus, der Leiter der zentralen Ermittlungsstelle für die Regierungskriminalität ist, fühlt sich unverstanden. Es sei ihm, so erklärte er gestern gegenüber der taz, nicht darum gegangen, mit dem Polizeipräsidenten persönlich zu streiten, vielmehr habe er die These, daß der Polizeieinsatz am 1. Mai gelungen sei, nicht für ausreichend gehalten, da noch immer ein politisches Gesamtkonzept der Gewaltbekämpfung fehle.
Der Unruhestifter dürfte allerdings auch ein Opfer seiner eigenen Öffentlichkeitsarbeit geworden sein. Die Darstellung seiner Position in 'Super‘ fand er im Nachhinein »verkürzt«. dr
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