piwik no script img

Polizei prüft ErmittlungsverfahrenAntifaschisten bedroht

Neonazis rufen bei der Demonstration dazu auf, Rache an Linken zu nehmen. Polizeipräsident will Vorfall nachprüfen.

Fies gebrüllt: Neonazi-Demonstranten am Samstag in Berlin Bild: ap
Von

Nicht nur zahlenmäßig - auch verbal rüstete die rechtsextreme Szene am Samstag bei ihrer Demonstration auf. Über Lautsprecher wurde dazu aufgerufen, Rache für den Brandanschlag auf die Neonazi-Kneipe "Henker" zu nehmen. Dabei wurden mehr als 20 Namen und auch Adressen von Personen aus dem antifaschistischen Spektrum genannt. Der antifaschistische Pressedienst apabiz hat den Wortlaut dokumentiert.

Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte am Montag im Innenausschuss, er höre von dem Vorfall zum ersten Mal. Er werde prüfen lassen, ob es sich im strafrechtlichen Sinne um eine Bedrohung handelt. Gegebenenfalls würde ein Verfahren eingeleitet.

Der Anschlag auf den "Henker" am 4. Oktober, hatte am Samstag rund 750 Neonazis als Vorwand gedient, um gegen linksextremistische Gewalt zu demonstrieren. Dabei gehören die inzwischen verhafteten mutmaßlichen Täter nach Angaben der Polizei weder der links- noch der rechtsextremen Szene an. Das Motiv sei "ausschließlich Rache für eine erlittene Niederlage", sagte Glietsch im Innenausschuss. Den Tatverdächtigen sei einige Tage zuvor der Aufenthalt im "Henker" verwehrt worden.

Dennoch hält die Neonazi-Szene an ihrer Verschwörungstheorie fest: "Die Hintermänner dieser feigen roten Mordbanden sind uns bekannt" schallte es am Samstag vom Lautsprecherwagen. Dann folgten die Namen von Leuten, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. "Das sind die Hetzer. Wir kriegen euch". In einem weiteren Redebeitrag wurden die Geschäftsführerin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Bianca Klose, sowie der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, als geistige Brandstifter bezeichnet. Klose und Lars Laumeyer, Sprecher des Antifaschistischen Linken Berlin, übten am Montag scharfe Kritik an der Polizei. Diese hätte an Ort und Stelle, wegen des Aufrufs tätig werden müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • A
    alcibiades

    Der Herr Glietsch sollte mal etwas Ordnung in seinem Laden halten. Bei der Demo gegen Vorratsdatenspeicherung gibt es ein Mordsheckmeck und gebrochene Nasen wegen eines bescheuerten alten Punksongs aus einem Lautsprecher des Antifawagens, und bei diesem Naziaufmarsch kriegt der Polizeipräsident keine Rückmeldung, wenn in offiziellen Redebeiträgen zu Straftaten gegen konkrete Personen aufgerufen wird. Abgesehen davon, dass ein sofortiges Einschreiten der umstehenden Beamten, ein Abbruch der Demo und anschliessende Räumung nur dem entsprochen hätte, was die Polizei bei Demonstrationen aus anderen politischen Ecken sofort tun würde. Wieviele Rechte gibt es denn so bei der Berliner Polizei? Wenn Herr Glietsch seinen Job ernst nimmt, wäre es langsam mal an der Zeit, daß er das herausfindet und sich was überlegt.

  • R
    robson

    das schlimme ist, dass die polizei diese "demo" genehmigte, obwohl im vorfeld schon bekannt war, dass die täter nicht aus der linke szene waren. eine freudige gelegenheit der nazis, ihren idiotisch-verräterischen frust auf dieser demo kund zu tun. die polizei macht sich einmal mehr zum steigbügelhalter (unfreiwillig?) der rechten szene...

    das einzige was hilft, ist das totale verbot von npd und ihnen angegliederter organisationen.

  • HA
    herbert arnheim

    Am Samstag den 10.10. fuhren wir nach der Gegendemo mit der U-Bahn zur

    Frankfurterallee. Als wir dort vor dem Ringcenter die Treppen hoch liefen

    bermerkten wir leider viel zuspät das um die Treppe oben 50-60 Neonazis

    herum standen. Die Polizei stand mit einer Hundertschaft vor dem Eingang,

    also dachten wir das wir das wir noch relativ sicher wären, die Nazis

    spuckten zwar und warfen Flaschen auf uns, bis dahin war aber noch alles

    relativ ruhig. Als die Neonazis die Polizei aber aufforderten sich zu

    verziehen das sie uns platt machen könnten, kamen die Polizistinnen und

    Polizisten dieser Aufforderung mit einem Lächeln in unsere Richtung nach und

    gingen aus unserer Sichtweite, daraufhin stürmten die Neonazis auf uns zu.

    Eine Gruppe von Antifschistinnen und Antifaschisten konnten Richtung anderen

    U-Bahn Ausgang flüchten, da ein Freund und ich aber schon zuweit auf der

    Treppe standen konnten wir nicht mehr ausweichen. Wir hatten noch Glück das

    die Nazis mehr interesse an der flüchtenden Gruppe hatten und uns nur im

    vorbei laufen mit Tritten und Schlägen traktierten. Die Anderen konnten

    durch den Tunnel flüchten. Mein Begleiter erlitt mehrere Verletzungen an der

    Wirbelsäule da er zu Boden getreten wurde sowie eine leichte

    Gehirnerschütterung. Ich wurde gegen die Wand gedrückt und mit Schlägen und

    Tritten am ganzen Körper, glücklicherweise außer einer Gehirnerschütterung

    und vielen Blauenflecken nicht ernsthaft verletzt. Als wir im Anschluss den

    Leiter der Hundertschaft zur Rede stellen wollten antwortete er nur mit

    einem :" sonst wollt ihr doch auch nichts von uns wissen, warum sollten wir

    euch also schützen? Und jetzt verpisst euch sonst gibts auch von uns

    Nocheinmal richtig Ärger!" Als wir uns die Dienstnummern geben lassen

    wollten stiegen sie alle soschnell wie möglich in ihren Wagen und

    verschwanden! Da wir uns aber die Helmnummern und das Nummernschild

    aufschreiben konnten, stellten wir heute eine Anzeige gegen diese Gruppe der

    Berliner Polizei.

  • TW
    Tobi Wacke

    Die Berliner Polizei hat dieses Wochenende wieder eindeutig gezeigt wo sie steht.

    Da werden Menschen verhaftet, die ihren Schal (Keine Sonnenbrille oder Kapuze!) bis zur Unterlippe ziehen, oder sich in ihre Jacke ducken wenn die Faschos einen fotographieren festgenommen, die Nazidemo hingegen läuft größtenteils vermummt rum, jagt im Bahnhof Alexanderplatz Antifas und ruft "Juden raus".

    Deutsche Polizisten Gärnter und Floristen!

  • B
    bastian

    Wer es noch nicht gehört hat:

    Die "Nationalen Sozialisten" (so stands auf deren Lauti) haben offiziel (vom Lauti aus) auch Rache für den Tod Horst Wessels (neben vielen anderen historischen Nazis) aufgerufen, kurz bevor durch ihren Lauti die Aussage kam: "an der Samariterstraße liegt gleich Sylvio Meier"...

     

    Von mir keine Träne für Horst, keine Träne für Enrico!

     

    Abgeschirmt war übrigens nicht die ganze Zeit; an einigen Stellen, wo die Gegendemonstranten weniger waren, liefen die Cops an andere Stellen um dichtere Ansammlungen von Gegendemonstranten zu attackieren während die Nazis spuckten und vereinzelnd zuschlugen.