Politische Reformen in Jordanien: König nennt Details
Justiz und Parlament in Jordanien sollen gestärkt werden, kündigt König Abdullah II. an. Seine eigene starke Stellung wird jedoch nicht angetastet.
AMMAN afp/dapd | Jordaniens König Abdullah II. hat Einzelheiten der von ihm zugesagten politischen Reformen bekannt gegeben. Der Herrscher hatte im April eine Kommission mit der Überarbeitung der Verfassung beauftragt. Auf eine der Hauptforderungen der Protestbewegung nach einer freien Wahl des Regierungschefs ging die Kommission aber nicht ein. Derzeit wird der Regierungschef vom König ernannt.
Die Vorschläge seien Beweis für Jordaniens Fähigkeit zur Erneuerung und zur Einleitung politischer Reformen, sagte Abdullah II. vor Journalisten. Eine der wichtigsten Vorschläge der Kommission sei die Schaffung eines Verfassungsgerichts, das über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen entscheiden solle. Klagen gegen Wahlen und Prozesse gegen Minister sollten künftig ausschließlich Sache der Gerichte sein. Die Befugnisse des umstrittenen militärischen Staatssicherheitsgerichts würden auf Fälle von Hochverrat, Spionage und Terrorismus beschränkt.
Um die Macht des Parlaments zu stärken, schlägt die Kommission laut König Abdullah II. vor, dass die Auflösung des Unterhauses sofort den Rücktritt der Regierung nach sich ziehen müsse. Ein weiterer Vorschlag sieht die Einsetzung einer unabhängigen Wahlkommission vor. Das Mindestalter für Kandidaten bei Parlamentswahlen solle von 35 auf 25 Jahren gesenkt werden, um die Beteiligung der Jugend an der Politik zu fördern, sagte der König.
Zudem solle die Regierung laut den Vorschlägen nur noch in Ausnahmesituationen wie bei Krieg oder Naturkatastrophen temporäre Gesetze erlassen dürfen. Abdullah II. versprach, dass der "Fahrplan für politische Reformen" spätestens im letzten Jahresviertel vorgelegt werde.
Vor dem Königspalast protestierten am Sonntag rund 200 Demonstranten gegen den Reformvorschlag. Aus ihrer Sicht reichen die Pläne nicht weit genug. "Das ist ein Teil eines Tricks der Regierung, um echte Reformen zu verhindern", sagte Wael Atut. "Die Änderungen sind unzureichend. Wir haben gesagt, wir wollen den Ministerpräsidenten selbst wählen."
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