: Politische Prozesse in Rumänien
■ Vier führende Mitglieder der Ceausescu-Diktator sollen noch diese Woche vor ein militärisches Sondergericht gestellt werden / Mitglied der Übergangsregierung Brucan gegen KP-Verbot
Bukarest (afp) - In Bukarest sollen vier Verantwortliche des gestürzten Regimes grundsätzlich noch Ende dieser Woche vor ein militärisches Sondergericht gestellt werden, erklärte der rumänische Generalstaatsanwalt Georghe Robu am Dienstag. Die Anklage lautet auf Völkermord, so daß den Beschuldigten nach dem Strafgesetzbuch die Todesstrafe oder 15 bis 20 Jahre Haft drohen. Nach Angaben des Generalstaatsanwalts wird der Prozeß nicht vor dem Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe am 28. Januar diesen Jahres beendet sein.
Über die Identität der vier Beschuldigten gab Robu keine Auskunft. Er nannte lediglich den Namen von Emil Bobu, einem ehemaligen Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Rumäniens und engen Mitarbeiter Ceausescus. Später soll gegen die vier Angeklagten ein weiterer Prozeß wegen „Destabilisierung der nationalen Wirtschaft“ geführt werden. Auch dieses Verbrechen wird nach dem Gesetz mit dem Tode oder 15 bis 20 Jahren Haft bestraft.
Die Front zur Nationalen Rettung hatte die Todesstrafe nach der Hinrichtung von Diktator Ceausescu und seiner Frau Elena abgeschafft. In der vergangenen Woche hatten Demonstranten ihre Wiedereinführung für „Terroristen“ verlangt.
Unterdessen hat sich das Mitglied des Exekutivbüros der Front zur Nationalen Rettung Silviu Brucan sich gegen das Verbot der Kommunistischen Partei ausgesprochen. Bei dem Referendum am 28. Januar werde er gegen ein rechtliches Verbot der KP stimmen, kündigte Brucan gestern in einem Interview der Tageszeitung 'Adevarul‘ an. Eine solche „anti -demokratische Maßnahme“ hätten nur „die reaktionärsten und faschistischsten Regime“ ergriffen, machte Silviu Brucan geltend. Der 73jährige war früher selbst Mitglied der Kommunistischen Partei.
Wetter gegen Genscher
Bundesaußenminister Genscher mußte gestern seinen Besuch in Hermannstadt (Sibiu) in Siebenbürgen absagen, da das Flugeug wegen des schlechten Wetters nicht landen konnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen