: Politiker sind keine Manager
Das Aus für das Bremer Space Center erschüttert erneut den Glauben in die Gestaltungskraft von Senatskanzleien oder Ministerien. Einer der größten Möchtegern-Bosse: der ehemalige Ministerpräsident Gerhard Schröder
Von Kai Schöneberg
Sie wollten etwas Gutes für Land und Leute tun, Wähler mitnehmen, Geschichte schreiben. Doch sie sind nur Politiker, keine Unternehmer. Mit der gestern verkündeten Schließung des Bremer Space Centers erlebt der Glaube in die Gestaltungskraft der Großkopferten aus Senatskanzleien oder Ministerien mal wieder einen herben Dämpfer
Inklusive Bürgschaften hat der Bremer Senat - und damit der Steuerzahler - etwa 200 Millionen Euro, gut ein Drittel der Gesamtkosten, in das Prestige-Projekt auf dem ehemaligen Werftgelände im Stadtteil Gröpelingen gesteckt.
Doch weil sich keine Mieter fanden, stehen 44.000 Quadratmeter Einzelhandelsflächen des im vergangenen Jahr fertig gestellten Betonblocks bis heute leer. Weil nicht genug Besucher in den 22.000 Quadratmeter großen spacigen Entertainment-Park kamen, dreht der Senat jetzt sechs Monate nach der Eröffnung den Geldhahn zu. 300 von ursprünglich 560 Mitarbeitern wurde gekündigt.
Schade eigentlich, aber wenn die Politik Unternehmer spielen will, ist das nicht immer von Erfolg gekrönt. „Arbeitsplätze, die überflüssig sind, lassen sich nicht mit staatlichen Interventionen aufrecht erhalten“, sagt dazu der Hannoveraner Wirtschaftsprofessor Stefan Homburg. Auch wenn durch wirtschaftspolitische Sündenfälle vielleicht „Partialeffekte entstehen“, betont der Turboliberale Homburg, dass „die Eingriffe gesamtwirtschaftlich gesehen meist sogar schädlich sind - zudem entziehen sie den Etats viel Geld“. Während in Bremen die grandiose Pleite des Musical-Theaters Schlagzeilen schrieb, können auch die Niedersachsen ein lautes Klagelied von meist sozialdemokratischen Möchtegern-Managern singen. Vor allem ein gewisser Gerhard Schröder hat sich zu Ministerpräsidenten-Zeiten mit Eingriffen in den Markt einen Namen gemacht.
Händeringend versucht sich derzeit die neue CDU/FDP-Landesregierung aus einem der vielen Schröder-Projekte herauszuwinden: der vor vier Jahren eröffneten Hirnklinik INI. Nicht nur, dass die SPD damals mit mehreren Gutachten den Bau des „Mekka der Neurowissenschaften“ in Hannover-Buchholz angeschoben hatte. Die Studien des Schröder-Intimus Roland Berger gaben auch noch die falschen Ratschläge: Immer noch bleiben zu viele der mit Marmorbädern ausgestatteten Krankensuiten in der hirnförmigen Privatklinik leer. Das Problem: Die Landesregierung unterzeichnete eine Landesbürgschaft über 42,5 Millionen Euro. Weil das Land im Fall einer Insolvenz mit einer Summe in dieser Höhe gerade steht und weil das etwa dem Gehalt von gut 1.000 Landesbediensteten im Jahr entspricht, verhandelt der zuständige Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) derzeit offenbar mit einem Investor aus Dubai. Da die politische Großwetterlage wohlhabende Araber derzeit eher ins alte Europa als in die USA zu Behandlungen ziehen könnte, soll sich der Investor für die Übernahme der Bürgschaft interessieren. Der Fall wird im zuständigen Wissenschaftsministerium wie ein Staatsgeheimnis behandelt. „Wir können das derzeit weder dementieren noch bestätigen“, sagt Sprecher Thomas Reiter.
Schon kurz vor der Landtagswahl im Jahr 1994 hatte sich Schröder sogar als Unternehmer betätigt, als die Flugzeugwerft in Lemwerder bei Bremen aus dem Daimler-Konzern ausgegliedert werden sollte. Und so nahm die Norddeutsche Landesbank das Werk damals unter ihre Fittiche. Die Schießung der Flugzeugwerft wurde so verhindert, 1.000 Arbeitsplätze erst mal gerettet. Inzwischen hat jedoch der europäische Luft- und Raumfahrtriese EADS die Mehrheit in Lemwerder übernommen: Für rund 335 der jetzt noch 700 Mitarbeiter gibt es einen Sozialplan, rund 200 Beschäftigte wechseln in andere EADS-Konzernteile. Die Politik hat den Kampf um die Jobs wohl verloren.
Vor der Wahl 1998 verhinderte Schröder den Verkauf der Preussag-Stahlsparte - heute Salzgitter AG - an den österreichischen Stahlhersteller Voest Alpine. Für eine Milliarde Mark übernahmen die Nord/LB und das Land die Aktien. Natürlich konnte das Land auch hier nicht den Abbau von Jobs verhindern - wenigstens brummt aber hier zurzeit wegen der Nachfrage aus China das Geschäft.