Politiker Maget & 1860 München: Club der Grantler

"Ich glaube, ein Amt bei Sechzig ist zehnmal härter, als Ministerpräsident zu sein": Wie SPD-Politiker Franz Maget bei 1860 München die Strippen zieht.

"Es war jetzt fünf vor zwölf für den Verein", sagt Franz Maget. Bild: reuters

München taz So gehts dahin mit dem Arbeiterverein TSV 1860: Statt Maloche und Schweiß riecht es auf der legendären Giesinger Höhe seit gestern nach Super plus. Die Underdogs haben sich in der Nacht zum Dienstag in allerhöchster Not einen neuen Präsidenten geholt, einen, der im roten Porsche 911 anrollt. Der Prokurist des Münchner Flughafens, Rainer Beeck, wird künftig die Geschicke bei den 60ern lenken, die sich derzeit mal wieder an den Rand des Abgrunds gespielt haben. Vom Vorrunden-Überflieger schaffte das Team auf dem Platz fast noch den Absturz in Liga drei - und die alten, inzwischen abgelösten Funktionäre legten zum Saisonabschluss ihrerseits einen Abgang hin, der ziemlich einmalig sein dürfte in der Bundesliga. "Der Fisch stinkt vom Kopf her, und bei uns ist der Kopf der Präsident. Dieser Präsident ist eine Schande", hatte der 60er-Geschäftsführer Stefan Ziffzer beim vorletzten Spiel in dieser Saison verkündet und war daraufhin von jenem Kopf des Vereins, Albrecht von Linde, entlassen worden.

Der wechselseitige Vorwurf der unprofessionellen Arbeit war der Ausgangspunkt für den Zwist, und überlagert wurde das Ganze durch zwei Fanlager, die seit Jahr und Tag um Macht und Einfluss streiten bei 1860 und die jeweils einen starken Mann durchgebracht hatten - eben den Präsidenten und den Geschäftsführer, die sich konsequent auch persönlich nicht leiden konnten. Auch auf der Sachebene klappte es nicht. Die Pflichtübung, den verschuldeten Zweitliga-Verein zu sanieren, wurde mit zwei unterschiedlichen Ansätzen versucht. Der eine, Ziffzer, versuchte den Ertrag zu verbessern und verkaufte schließlich sogar der verhassten Konkurrenz FC Bayern die Anteile der einstmals gemeinsam finanzierten Allianz-Arena. Der andere, Linde, wollte die Kostenstruktur senken und sparen. Der Gesamtetat von 25 Millionen Euro ist zwar einer der größten der Zweiten Liga, aber für die Spieler und die Trainer stehen nur gut 6 Millionen zur Verfügung, der zweitniedrigste Wert in der Liga. Viele sehen darin auch den Absturz in der Rückrunde begründet, auch der stellvertretende Präsident Franz Maget.

"Wir haben im vergangenen halben Jahr den Einbruch gesehen, den Absturz. Die Mannschaft war erkennbar nicht stark genug in der Rückrunde", sagte Maget gestern der taz - und kündigte Verstärkungen an. Es ist anzunehmen, dass der Kurs auch eingeschlagen wird, denn spätestens seit der dramatischen Nacht zu Dienstag gilt der rote Maget als der starke Mann bei der Giesinger Chaos-Truppe. Neun Stunden hatte er am Montag Strippen gezogen, telefoniert und diskutiert, bis außerplanmäßig ein neuer Präsident gefunden worden war. "Wir haben in den letzten Monaten unglaublich viel Zeit zugebracht mit Streitereien und internen Auseinandersetzungen zwischen den Lagern", gibt Maget zu. "Das können wir uns nicht mehr leisten. Es war jetzt fünf vor zwölf für den Verein." Über das zurückliegende Chaos bei Sechzig will Maget gar nicht mehr groß reden. Von "zu viel Emotion" spricht er nur und dann von der Zukunft, die ohne Giesinger Lagerdenken und Granteleien anbrechen soll und bald wieder in die erste Liga führen soll. "Da gehört Sechzig hin." Mit dabei ist weiterhin Trainer Marco Kurz und Stefan Reuter, der als alleiniger Geschäftsführer den Verein und den wirtschaftlichen Rahmen zimmern soll. Kein einfacher Job, wie der alte Hase Maget weiß: "Ich glaube, ein Amt bei Sechzig ist zehnmal härter, als Ministerpräsident zu sein."

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